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Gauss an Olbers. Göttingen, 1819 August 23.
No. 375. Gauss an Olbers. [im
Göttingen, 1819 August 23.
Noch einmal wiederhole ich Ihnen meinen innigsten Dank für Ihren
Besuch, wodurch Sie mir einige — nur gar zu wenige — Tage so
glücklich gemacht haben. Fast sieht es aus wie eine Bestrafung Ihrer
gar zu grossen Eile, dass es mit Ihrer Abreise schönes Wetter wurde,
und dass am Mittage desselben Tages, wo Sie abgereist waren, der
REicHENBACH’sche Meridiankreis wohlbehalten anlangte. Nach allen
Zeichen ist es ein sehr schönes Instrument; möchte ich imStande sein,
es ganz so, wie es verdient, zu benutzen. Die Oeffnung des Fern
rohrs ist genau 4 Pariser Zoll, der vertikalen Fäden sind 5 etwa 14
bis 15 Sekunden von einander, zwei horizontale wie bei Repsold.
Vier Vergrösserungen, die stärkste schätze ich 150mal; leider kann ich
sie nicht für mein Auge deutlich machen, und nur mit knapper Noth,
fürchte ich, wird es durch Abnehmen von der Hülse und von ein paar
Schraubengewinden sich für mein Auge richten lassen. Unmittelbare
Theilung von 3'—3'; Vernier geben 2". Mehr kann ich bis jetzt nicht
davon sagen.
Ich habe nun den REPSOLD’schen Kreis abgenommen, um den Stein
für den Theilungsprüfer einzurichten, sowie auch sonst noch einige Ein
richtungen in diesem Zimmer getroffen werden. Sobald der REPsoLn’sche
Kreis wieder aufgestellt ist, werde ich die Vorrichtungen zur Aufstellung
des REicHENBACH’schen Kreises treffen.
Das Passage-Instrument hält sich vortrefflich; ich habe noch vor
gestern Abend den Kometen im Meridian freilich nur geschätzt. Aber
die sogenannte Polarissima verträgt viel mehr Beleuchtung, und ich habe
sie ganz gut beobachtet. Leider will es nun mit der SHELTON’schen
Uhr gar nicht mehr gehen; gestern habe ich sie reinigen lassen, aber
wenigstens die ersten 18 Stunden nachher ist sie ebenso ungleichförmig ge
gangen wie vorher. Ich werde es noch einige Wochen ansehen, und dann
versuchen, ob ein Nachschleifen der Zähne des Ankers, die, wie sich
jetzt zeigte, doch bedeutend (in 48 Jahren) angegriffen sind, helfen will.
Die Vortrefflichkeit des RjEPsoLD’schen] P[assage] - Instruments] geht
grösstentheils verloren, wenn die Uhr seiner nicht würdig ist.
Dieser Tage habe ich Pond’s Beobb. Vol. 2 erhalten, worin die
Beobb. mit dem neuen Passage-Instrument und dem festen Fernrohre
stehen; im ersteren sind auch 7 Fäden; ich sehe dies trotz Bessel’s
Meinung als einen wesentlichen Vorzug an, sowie die starken Ver
grösserungen. Pond hat eine von 250, 300, ja von 1000mal. Die
300 malige giebt noch völlige Deutlichkeit.