102
Olbers an Gauss. Bremen, 1821 Mai
wenn sie sicli völlig bestätigen lassen, meine Erklärung 1 ) der Licht-
Ersclieinung in der Nachtseite des Mondes unstatthaft und unzuläng
lich machen würden. Hr. Browne versichert nämlich, seit einigen Jahren
sehr deutlich in dem Flecken Aristarchus (die Engländer nennen ihn noch
immer mit Hevel Mons Porphyrites) zwei kleine schwarze Oeffnungen
oder Höhlungen wahrgenommen zu haben, wovon die eine sich nach
und nach ausfüllte (was gradually obliterated); nun aber nach der
letzten „Eruption“ (im Febr.) wären beide Mündungen gänzlich ver
schwunden, und an ihrer Stelle sei eine Hervorragung sichtbar. Auch
habe er einen Streifen einer ungemein weissen Materie bemerkt, der
von dem Flecken ausgeht und vorher nicht da war. Aus dieser Beob.
würde also folgen, dass wirklich im Aristarch seit der letzten Licht-
Erscheinung eine grosse physische Veränderung vorgegangen sei. Aber
man weiss, wie veränderlich das Ansehen kleiner Gegenstände auf dem
Monde nach Verschiedenheit des Erleuclitungswinkeis und der Libration
ist; wie oft dadurch einige verschwinden oder sich in ganz veränderter
Gestalt zeigen. Schroeter’s Beobb. geben davon die unläugbarsten Be
weise, und namentlich sind seine verschiedenen Zeichnungen des Ari
starch untereinander bis zur Unkenntlichkeit unähnlich. Es könnte
also doch wohl sein, dass Browne zu einer anderen Zeit seine beiden
schwarzen Oeffnungen wiederfände, die er nun für verschwunden hält.
Von La Place bin ich ganz unerwartet mit einem sehr freund
lichen Briefe überrascht und erfreut worden. Der Inhalt betrifft noch
hauptsächlich meine an sich so unbedeutende Vorlesung über den Ein
fluss des Mondes auf die Witterungen, * 2 ) wovon das Bureau des Longi-
tudes seit 1819 jährlich die Uebersetzung in das Annuaire eingerückt hat.
Unter anderem schreibt er über die Mondtafeln von Damoiseau u. s. w.
— Für Hrn. v. Staudt setze ich die von Nicollet berechneten Ele
mente des letzten Kometen her, ob diese gleich bei weitem so genau
nicht zu sein scheinen als die deutschen von Encke, Rümker, Nicolai,
Bessel und besonders von Hrn. v. Staudt selbst, die ich zuletzt ver
bessert in den O. Gr. A. 3 ) gesehen habe.
Zeit der Perihels 1821 März 21 9 h 33 m 7 s M. Par. Zeit
q ... . 0,091113
ft ... . 48° 32' 12"
jz ... . 239 18 37
Incl 105 49 7
9 Vergl. Brief No. 408 an Gauss; über die BRowNE’sche Erklärung auch Brief
wechsel Olbers-Bessel, Brief No. 291. Krm.
2 ) Olbers Bd. 1 Abh. 10, S. 141 ff. Krm.
8 ) Gauss’ Werke Bd. VI, S. 487—439. Krm.