Gauss an Olbers. Göttingen, 1821 Mai 31. l(>5
3-|- füss. Dollond, und obgleich die Luft gar nicht ungünstig, im Gegen-
theil so war, dass sie selten viel besser sein wird, nicht sehen, aller
Anstrengung des Auges ungeachtet und obgleich ich den Platz genau
wusste. Erst später gegen Abend konnte ich mit grosser Mühe nur
eine schwache Spur sicher erkennen. Es folgt hieraus, dass an Beob
achten mit dem Theodolithen auf so grosse Distanzen (70 000 Meter)
mit Signalthürmen gar nicht zu denken ist, wenn diesen nicht sein-
grosse Dimensionen gegeben werden. Durchgängig aber bei Nacht mit
Reverberes zu beobachten, hat auch seine grossen Bedenklichkeiten.
Einen von Repsold, etwa 18 Z. Durchmesser, habe ich erhalten. Er
war gestern in der Sternwarte aufgestellt und auf dem Hohehagen
schon [in] den frühen Nachmittagsstunden (3 Uhr) mit dem 3^ füss. Dol
lond sehr schön, mit dem Fernrohr des Theodolithen schwerer zu er
kennen; doch würde dies bei dunkeim Hintergründe, und späterhin
gegen die Zeit des Unterganges der Sonne bei günstiger Luft wohl
selbst in der doppelten Entfernung noch angehen (jene ist 13 800
Meter); auf grössere Distanzen aber, über 40 000 Meter, glaube ich
nicht, dass diese Art jemals von Nutzen sein kann. Viel verspreche
ich mir dagegen von den Heliostaten. Rumpe hat jetzt einen in Ar
beit genommen. Es geht nur mit seinen Arbeiten immer etwas saum
selig. Auch Repsold will einen machen.
Bei der Berechnung von Krayenhofe’s Dreiecken will mir die
grosse von ihm angewandte Abplattung nicht gefallen. Selbst wenn
es wahr wäre, dass in Europa die Meridianbogen eine grosse Abplat
tung erfordern (was mir noch sehr ungewiss scheint), würde es theo
retisch ganz falsch sein, die Erdoberfläche auch in dem Sinn der Pa
rallelkreise als einem solchen Ellipsoid angehörig zu betrachten. So bald
ich meine eigenen Messungen angefangen und so weit geführt habe,
dass ich die Grösse, Richtung und Lage gegen Göttingen der Seite
Hohehagen-Hercules oder die vom Hohehagen nach einem anderen
EpAiLLY’schen Punkt als Lüdersen, Köterberg oder Burgdorf bestimmen
kann, will ich durch eine provisorische Rechnung davon bis Dünkirchen
zurückrechnen, um dessen Lage gegen Göttingen zu bestimmen.
Eine meiner Rekognoscirungs-Exkursionen im Apr. bei den
schwülen Tagen hatte mir eine Krankheit zugezogen, die mich mehrere
Tage ans Bett und 14 Tage fast ans Haus fesselte. Bei dem späteren
kalten, selbst rauhen Wetter ging es besser. Letzteres schlägt meiner
Konstitution viel besser zu als warme Tage, w r o besonders bei gewitter-
hafter Luft selbst mässige Anstrengungen zu Fuss mich leider immer
sehr angreifen. Das Resultat der HAETMANN’schen Rekognoscirung des
Hils wird die nächsten ersten Operationen bestimmen. Vermuthlich
baue ich auf dem Hohehagen ein Signal; einer meiner Gehülfen mag