Gauss an Olbers. Göttingen, 1821 Juli 1.
111
ich sehr, es mir zu melden, da ich wahrscheinlich bald an Rümkee
schreiben werde.
Hat Hr. v. Staudt auch etwas über Eilipticität des letzten Ko
meten versucht? Auf alle Fälle wird der Unterschied von der Parabel
wohl sehr gering sein.
No. 422. Grauss an Olbers. [m
Göttingen, 1821 Juli 1.
Ich mache mir das Vergnügen, Ihnen von einigen in den letzten
Tagen angestellten Versuchen etwas zu schreiben. Mit dem Heliostat
oder Heliotrop oder Sonnenspiegel dauert es lange, obgleich seit
3 Wochen 3 bis 4 Arbeiter ununterbrochen daran gearbeitet haben.
Doch hoffe ich, ihn nun in ein paar Tagen zur einstweiligen Berich
tigung und Prüfung zu erhalten. Die Arbeit ist sehr wacker aus
geführt, nur das Fernrohr ist nicht viel werth und nur erst proviso
risch aufgesetzt, da die von München verschriebenen Gläser noch immer
nicht angekommen sind. Es 1 ) lag mir inzwischen daran, vorerst nur
über die Strahlkraft der Spiegel selbst einige Erfahrungen zu erhalten.
Ich habe erst mancherlei versucht. Ich befestigte einen Spiegel am
Deckel des Fernrohrs eines Theodolithen und suchte durch im voraus
mühsam berechnete Azimuthe und Höhen dem Spiegel die richtige
Lage zu geben, um das Licht nach einer bestimmten Richtung zu
werfen. Dies misslang aber gänzlich. Der Deckel, etwas hart gehend,
konnte nicht mit Sicherheit immer wieder in dieselbe Lage gebracht
werden, sondern es blieben darin Differenzen von 20', die dieses Ver
fahren ganz unbrauchbar machten, wenn nicht der Spiegel auf eine
solidere Art am Fernrohr befestigt wurde, so dass dieses offen blieb.
Inzwischen brachte mich der Verdruss über die verlorene Mühe auf
eine andere Idee, die vollkommen gelungen ist. Der blosse Spiegel
sextant, auf einem guten Stativ, leistet schon das Verlangte, obwohl
nicht so vollkommen wie ein eigentlicher Sonnenspiegel. Ist der Winkel,
den die Gesichtslinie (die, wenn sie nicht schon vorhanden, erst durch
einen Faden oder ein Fadenkreuz dargestellt werden muss) mit dem
kleinen Spiegel macht = 90° — a, und ist Sonnenbild und Objekt, wohin
das Licht zu werfen [ist], auf gewöhnliche Art zur Berührung gebracht,
als wollte man den Winkel messen — gleichviel ob ersteres oder
letzteres direkt gesehen — so braucht man nur bei unverrückter Ebene * S.
9 Von hier ab bis zum Schlussatz auch abgedruckt in Gauss’ Werken Bd. IX,
S. 467—469. Krm.