Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1821 Juli 6. 
No. 423. 
Olbers an Gauss. 
[230 
Bremen, 1821 Juli 6. 
Sie haben mir durch Ihre beiden 1 ) letzten Briefe wieder eine sehr 
grosse Freude gemacht. Ganz besonders interessirten mich Ihre so 
herrlich gelungenen Versuche über den Sonnenspiegel. Empfangen Sie 
nun meinen herzlichsten Glückwunsch zu dieser wirklich grossen und 
wichtigen Erfindung, deren ausser st grossen Nutzen für die Geodäsie 
ich mit Ihnen nur für einen kleinen Theil der Vortheile halte, die 
dieses sinnreich ausgedachte Werkzeug noch in so vieler Rücksicht ander 
weitig gewähren kann und gewähren wird. Ihre mir zuletzt ange 
gebene Konstruktion vereinfacht das Instrument schon sehr, und nun 
haben Sie gar gezeigt, dass jeder Spiegel-Sextant auf einem schicklichen, 
gehörig balancirten Gestell schon einen Sonnenspiegel, und wenn man 
noch einen auf die Ebene des grossen Spiegels des Sextanten unter der 
Neigung a befestigten Spiegel anbringen lässt, einen nicht unbequemen 
Sonnenspiegel abgeben kann. 
Ihre angestellten Versuche beweisen unwidersprechlich, dass man 
mit dem Sonnenspiegel bei günstiger Witterung auf jede vorkommende 
Entfernung ausreichen kann. Durch die Formel, die Sie mir angaben 
A 
und wodurch Sie die Lichtstärke des zurückgespiegelten Stückes des 
Sonnenbildes mit dem Aldebaran vergleichen, lassen sich indess die 
verschiedenen von Ihnen angestellten Versuche nicht unmittelbar unter 
einander vergleichen. Abgesehen von der veränderlichen Durchsichtig 
keit der Luft, die also gar die Beob. eines Cyanometers erfordern 
dürfte, und Ihnen zugegeben, dass die verschiedene Höhe der O wenig 
influire, scheint mir doch noch ein Faktor in jener Formel zu fehlen, 
ich meine die scheinbare Winkel-Entfernung der Sonne vom Sonnen 
spiegel von dem Ort, wohin das Licht zurückgeworfen wird. Vermuth- 
lich ist es hinreichend, wenn S noch mit dem Cosinus der halben Elon 
gation der O vom Beobachter des Sonnenspiegels multiplicirt wird, 
obgleich auch wohl die Menge des zurückgeworfenen Sonnenlichts bei 
belegten Spiegeln einigermaassen von dem Winkel abhängig ist, wo 
runter sie auf ihn fallen. * 2 
*) Olbebs bezieht sich hier offenbar auf die Briefe v. 1. Juli und 10. Juni; da 
der letztere kurz vor Abgang- seines Briefes vom 15. Juni (No. 421) eingetroffen, so 
beantwortet er ihn hier noch einmal ausführlich. Krm. 
2 ) Vergl. Brief No. 420 vom 10. Juni. Krm.
	        
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