Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1821 December 11. 
145 
Auch bei dieser Gelegenheit wird es mir überaus viel wertli sein, 
Ihren freundschaftlichen Rath und Ansicht zu erfahren. Vor meiner 
Zurückkunft nach Göttingen werde ich jenen Brief aus vielen Gründen 
nicht beantworten können. Meine Abreise von hier hängt von der An 
kunft des Hrn. Rumpf ab, doch wird jene bis zum Sonnabend inkl. noch 
nicht Statt haben können. 
No. 435. Olbers an Gauss. [235 
Bremen, 1821 December 11. 
Ich danke Ihnen recht sehr, dass Sie auch in Altona an mich ge 
dacht und mir die so wichtigen Anträge von Berlin vertraulich mit- 
getheilt haben. Sie verlangen darüber meinen Rath und meine An 
sicht dieser Angelegenheit. Ersteren zu ertheilen finde ich mich durch 
aus unfähig, aber letztere will ich ihnen gern vorlegen. 
Die Verhältnisse in Göttingen, wie sie jetzt sind, sind Ihnen sehr 
unangenehm, und Sie werden zugleich dadurch gehindert, für die Wissen 
schaften alles das zu leisten, was nur Sie dafür thun und leisten 
können. Hingegen in Berlin werden Sie von allen Ihres Geistes un 
würdigen Geschäften befreit ganz Ihren tiefsinnigen Spekulationen 
folgen können. Mich dünkt also, Berlin müsste auch dann den Vorzug 
behalten, wenn auch die Geldeinnahme nicht sonderlich grösser wäre. 
Aber so gross muss sie doch sein, dass Sie sorgenfrei leben können. 
Manche nun einmal zum Leben gehörige Bedürfnisse, z. B. Wein, 
Kaffee, Zucker u. s. w. sind gewiss in Berlin viel theurer als in Göttingen. 
Aber ich glaube doch nicht, dass es im Ganzen in Berlin theurer zu 
leben sei als in Göttingen. An einem Orte, wo so viele Familien 
von einem beschränkten Einkommen (die preussischen Besoldungen sind 
in der Regel sehr mässig) anständig leben müssen, pflegt die ganze 
Lebensart auch so eingerichtet zu sein, dass dies möglich wird. 
Allein doch sind, so viel ich beurtheilen kann, 2000 Thlr. preussisch 
zu wenig, und ich zweifle keineswegs, dass man sich gern zu einer be 
deutenden Vermehrung verstehen wird, um Sie zu besitzen. Ich dächte, 
2500 Thlr. mit freier Wohnung oder statt deren ein hinreichendes 
Aequivalent möchte eine sehr billige Forderung sein. 
Für mich selbst wird es freilich nicht angenehm sein, Sie 20 Meilen 
weiter von mir entfernt zu wissen. Ich glaube aber nicht, dass Sie wirk 
lich so leicht von Göttingen wegkommen werden. Man wird gewiss alles 
aufbieten, Sie der Universität zu erhalten. Ob nun Hannover Ihnen 
solche Bedingungen anbieten kann, die das Unangenehme, was bisher 
in Ihren Göttingenschen Verhältnissen war, gründlich heben, und ob Sie 
Olbers. II, 2. IQ
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.