Gauss an Olbers. Güttingen, 1821 December 18. 149
liehe Schwierigkeit liegt aber dann darin, dass man, so lange S noch
unbekannt ist, noch nicht weiss, welche Sterne auszuschliessen sind. Man
wird also wohl die Rechnung mehr als einmal machen müssen. Einmal
vielleicht, indem man gar keine Sterne ausschliesst. Nachdem man die
auszuschliessenden Sterne jetzt erkannt hat, macht man die 2. Rech
nung, die ein etwas verändertes Resultat geben und vielleicht zu einer
3. nöthigen wird, indem einige der das 2. Mal ausgeschlossenen Sterne
wieder aufgenommen und andere ausgeschlossen werden. Eine 4. Rech
nung wird schwerlich nötliig sein. Diese Methode hat wenigstens die
Präsumtion für sich, dass alle Willkürlichkeit wegfällt, und dass, welche
Fundamental-Ebene auch gewählt wird, bei einerlei Datis auch einerlei
Resultat herauskommen muss. Uebrigens glaube ich, dass das End
resultat wohl nicht viel von dem verschieden sein wird, was Ihre
2. Methode giebt. Genau kann ich über diese nicht urtheilen, da Sie
die Fassung der Grössen a, b, c, e nicht angegeben haben, denn völlig
bestimmt scheinen sie nicht, da ein beliebiger Faktor hinzugedacht
werden kann. Ich vermuthe, dass Ihr e = S ! U • P'Q, wo A = PS.
smD ’
Ihre erste Methode scheint aus der Ursache der zweiten nachzustehen,
weil sie ein grösseres D ungerechter Weise begünstigt. Ich bin neu
gierig, ob dies so im Erfolg ist. Beide Methoden involviren insofern
eine Willkürlichkeit, als sie von der Wahl des Aequators als Funda
mental-Ebene abhängen, ebenso wie die Abtheilung in 2 Gruppen bei
der 2. Methode auch etwas Willkürliches implicirt. In praktischer
Rücksicht wird dies jedoch wohl nicht viel bedeuten.
Doch ich muss Ihre gewohnte Nachsicht in Anspruch nehmen, dass
ich mein unreifes Geschwätz neben Ihre Untersuchung zu stellen wage,
und nur Ihr ausdrückliches Verlangen, über diese Aufgabe meine Vor
stellung Ihnen anzuzeigen, hat mich dazu vermocht, da ich etwas Reifes
jetzt nicht schreiben kann.
Uebrigens bemerke ich noch, dass die obige Auflösungsart, wenn
sie überhaupt die richtige ist, es doch nur bei dem gegenwärtigen Zu
stande unserer Kenntnisse ist, wo wir nur von einer kleineren Anzahl
eigener beobachteter Bewegungen auf der Himmelskugel die Richtung
etwas genau kennen. Nach 100 oder mehreren Jahren, wenn dies erst
von viel mehr Sternen gilt (indem die absolute beob. Beweg, viel
grösser geworden), wird man die Sache anders angreifen und bloss die
kommt er bei Besprechung von Argelander’s Arbeit über die Richtung der Sonnen
bewegung (DLX stellarum inerrantium positiones mediae ineunte anno 1830) noeli
einmal auf diesen Gegenstand zurück. Yergl. die Briefe v. 4. März und 5. Apr. 1838
an Olbers, auch die Anmerkung zu Brief No. 440. Krm.