Gauss an Olbers. Göttingen, 1820 Mai 1.
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diesem selbst noch mehr, und Beruhigendes über Ihr Befinden erfahren
zu können. Herzlich freue ich mich Ihres Entschlusses, die aufreibende
Praxis nun bald aufzugeben, die Sie hoffentlich schon allmählig zur
Schonung Ihrer selbst beschränken werden. Dass ich dann künftig
viel öfter und länger die Freude, Sie zu sehen, haben werde, ist mir
ein süsser Gedanke; aber sollte es nicht auch möglich sein, dass Sie
die Ferien dieses Sommers bei mir zubrächten?
Meine Sternwarte sollten Sie dann bei weitem interessanter finden
als voriges Jahr. Seit vorgestern habe ich auch die neue LiEBHERR’sche
Uhr aufgehängt, von der ich mir viel verspreche. Allein die Haupt
zierde der Sternwarte ist und bleibt der REicHENBACH’sche Meridian
kreis, der seit dem 21. Febr. in Ordnung ist. Die neue Hemmung hat
Wunder gethan, und die Beobb. geben jetzt eine Uebereinstimmung
unter sich, wie ich sie selbst nicht erwartet hatte. Ich brauche Pond
um seinen Mauerkreis nicht mehr zu beneiden. Mehr darüber werden
Sie künftig in einem kleinen Aufsatz finden, welchen ich bald in die
hiesigen gelehrten Anzeigen 1 ) geben werde. Auch die optische Kraft
steht der des Mittagsfernrohres fast gar nicht nach. Neulich habe ich
z. B. im Mittage co Gepliei Hev. (5. Grösse) recht gut beobachten können.
Sterne 4. Grösse fallen bei günstiger Luft in den Morgenstunden, z. B.
um 9 oder 10 Uhr, zwischen Zenith und Pol sehr schön in die Augen.
In den frühen Nachmittagsstunden ist die Luft in der Regel ungünstig,
späterhin um 4 Uhr wird sie zwar auch wieder schön, ich habe dann
aber keine Veranlassung solche kleine Sterne zu suchen, da der Werth
solcher Beobb. hauptsächlich in der Kombination beider Kulminationen
von einem Tage liegt.
Die Feinheit des Pointirens ist so gross, dass bei ruhiger Luft
(was sie freilich selten ist) meiner Meinung nach darin schwerlich über
l Sekunde gefehlt werden kann. Grösser sind die Ablesungsfehler,
denn die Subtilität, welche z. B. die REPSOLD’schen Mikroskope geben,
haben auch REicHENBACH’sche Nonien nicht. Doch alles zusammen
gerechnet wird ein Fehler von 2" in der Z.-D. zu den sehr seltenen
gehören. Ich bin genöthigt gewesen, selbst ein ganz neues Netz ein
zuziehen, da die vorigen Fäden zum Theil schlaff geworden waren
(dasselbe war schon früher bei dem Mittagsfernrohr der Fall); und da
ich auch aus dem REPSOLD’schen Fernrohr die vorigen mehrmals ge
spalteten Spinnenfäden, weil sie für Beleuchtung kleiner Sterne zu fein
waren, herausgenommen und dickere eingezogen hatte, so sind jetzt alle
Netze meine Arbeit, und ich glaube dadurch in diesen Gegenständen
einige Erfahrung erworben zu haben. Vorher bemerke ich noch, dass
*) Gauss’ Werke VI, S. 429 f.; G. G. A. 1820 Juni 5. Sch.