Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Göttingen, 1820 Mai 1. 
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wärtig meine Besorgniss wegen dieses Umstandes nicht mehr so gross 
ist, wenn man 
1) nicht die Spinnenfäden vom Spinnennetz, sondern von den Cocons 
braucht und 
2) immer mit hinlänglich starken Vergrösserungen, d. i. nicht unter 
150 mal beobachtet. 
Denn ich finde, dass jene, wenn sie nicht genug gespannt sind, nicht 
sowohl schlaff als kraus werden, sie sind von Natur nicht gerade, son 
dern es bedarf dazu einer Kraft und die Kraft, welche nöthig ist, dass 
sie nicht mehr sichtbar kraus sind (unter starker Vergrösserung) ist 
viel grösser als die, welche schon der Funicularia eines Spinnfadens alle 
selbst für die feinsten Beobb. unmerkliche Krümmung nimmt. Sobald 
ein Cocowfaden so wenig gespannt ist, dass er in der Mitte durch sein 
Gewicht so viel niederhängt, als man beim Beobachten nicht erlaubt, 
ist er auch gewiss so kraus, dass man es sofort bemerkt, und ich ge 
traue mir zu behaupten, dass wenn meine Spinnenfäden sich 1" hin und 
her schlängeln (in kurzen Windungen), es mir nicht entgehen kann. Bei 
schwachen Vergrösserungen, wie man sie bei transportabeln Instrumenten 
braucht und wie sie in Bessel’s CARY’schem Kreise waren, möchte ich 
dies freilich nicht verbürgen, und da, glaube ich, wäre es sehr zweck 
mässig, nach Ihrem Vorschläge lieber Striche auf Glas zu gebrauchen. 
Was ich bei grossen Meridianinstrumenten gegen diese Art zu sagen 
wüsste, wäre etwa nur 
1) dass man damit doch oft sehr lichtschwache Gegenstände (z. B. 
dies Jahr gern die Juno) beobachten will, wo selbst ein mässiger 
Lichtverlust unangenehm ist; 
2) dass es vielleicht sehr schwer sein wird, so reines Glas zu er 
halten, dass sich bei starken Vergrösserungen nicht die Ungleich 
heiten im Glase, da sie gerade im Brennpunkte des Okulars 
sind, sehr unangenehm auffallend zeigen sollten. 
Dagegen hat man bei transportabeln Instrumenten wieder den 
Vortheil, dass man ohne grossen Nachtheil nöthigen Falls alle Tage 
neue Fäden einziehen kann, wenn die alten schlaff geworden. Ganz 
anders ist dies mit einem Meridianinstrument. Wegen der grossen An 
zahl Fäden ist das Einziehen schon ein gross Stück Arbeit und zweitens 
muss man bei einem neuen Netze immer wieder von vorn anfangen, die 
Distanzen der Fäden zu bestimmen. Bei meinem BEiCHENBAcn’schen 
M[ittags]-F[ernrohr] hatte ich diese Bestimmung für das vorige Netz auf 
25 vollständig beobachtete Polar stern-KvAm. gegründet, und diese grosse 
Arbeit war nun ganz verloren. Unumgänglich nöthig aber ist es, dass 
der Beobachter diese Kunst selbst erlerne; hätte unser Freund Schu 
macher] damals auf Lyssabel dieselbe sich zu eigen gemacht, so hätte
	        
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