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Gauss an Olbers. Bergen, 1822 Mai 10.
waldet, durch ein paar Lücken scheinen 3 entfernte Tliürme durch,
wovon ich den einen für Asendorf, den anderen für Bücken erkannt
habe, den dritten kenne ich nocli nicht (vielleicht Hasbergen?). Aber
von allen dreien sieht man nur kleine pyram. Spitzen, in denen sich
schwerlich mein Theodolitli und noch weniger ein Heliotrop aufstellen
lässt, auch sehe ich noch gar nicht, wie man weiter nördlich kommen
will. Einige einzelne kleine Holzlücken, die aber freilich meistens
wohl nur 20000—25000 m entfernt sein mögen, habe ich notirt.
Müller soll nun suchen, sie aufzufinden und zu rekognosciren; ich
selbst werde morgen nach Lüneburg gehen, um von dem dortigen
Stadtthurme aus den SW-Horizont zu untersuchen. Müller wird seine
Rekognoscirung vornehmen, so bald er auf dem Falkenberg einen Baum
aufgepflanzt und in dem verwünschten Becklinger Holz (N vom Falken
berg) einen der höchsten Bäume noch durch Ansetzen eines zweiten
erhöht haben wird, auf welchen er nachher von Wilsede aus zu poin-
tiren versuchen wird. Denn den auf dem Falkenberge selbst zu er
richtenden Baum von circa 40 Fuss Höhe (einen viel höheren vermögen
die Gewerkkräfte, wie sie hier zu haben sind, nicht aufzupflanzen)
wird man von Wilsede aus über das Holz her nicht sehen können.
Ich werde dann in Lüneburg den Erfolg von Müller's Rekognoscirung
erwarten und ev. mit ihm nach Wilsede hin telegraphisch korrespon-
diren. Dies wird wenigstens einen Aufenthalt von 6—8 Tagen in
Lüneburg veranlassen. Sehr glücklich würde es mich machen, wenn
Sie mich daselbst mit einigen Zeilen poste restante, oder bei etwas
späterem Datum vielleicht sicherer abzugeben bei Hrn. Oberamtmann
Jochmus in Lüne, erfreuten; vielleicht könnte ich auch später, im
Fall meine Rekognoscirungsreise mich näher nach Bremen führte und
es Ihnen nicht beschwerlich wäre, noch die Freude haben, ein paar
Tage bei Ihnen in Bremen zu sein, obwohl bei der völligen jetzigen
Ungewissheit der weiteren Operationen ich in diesem Augenblick nur
die Möglichkeit und noch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit eines
Nahekommens sehe. Vermuthlich erfreuen Sie, bester Olbers, sich
nun bereits des Besitzes Ihrer liebenswürdigen Schwiegertochter, wozu
ich Ihnen und Ihrem würdigen Hrn. Sohne innigst Glück wünsche.