Olbers an Gauss. Bremen, 1822 Mai 16.
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No. 451. Olbers an Gauss. [342
Bremen, 1822 Mai 16.
Ihren lieben, aus Bergen d. 10. Mai datirten Brief empfing ich erst
gestern Abend und eile, ihn sogleich mit umgehender Post mit ein paar
Zeilen zu beantworten. Schon der Gedanke der Möglichkeit, Sie, mein ge
liebter Freund, auf einige Tage hier zu sehen, macht mich ungemein
froh! Führen Sie ja, wenn es Ihnen irgend möglich ist, diese Möglich
keit zur Gewissheit und Wirklichkeit! Jeden Tag, jede Stunde sind Sie
mir gleich willkommen, w r erden Sie mich in gleichem Grade beglücken. —
Aber mit den Mängeln einer Junggesellen-Wirthschaft werden Sie noch
Nachsicht, grosse Nachsicht haben müssen. Denn leider führe ich diese
noch und werde sie wohl immer führen. Die Hoffnung, bald eine gute
Schwiegertochter in meinem Hause walten zu sehen, hat sich wieder
zerschlagen. Zwischen meinem Sohn und seiner Braut hat sich in
einigen wichtigen Punkten eine Verschiedenheit der Ansichten gezeigt,
die zu dem herben Entschluss geführt hat, das Eheverlöbniss freund
schaftlich wieder aufzuheben. Mein guter Sohn leidet ausserordentlich
bei diesem unglücklichen Vorfall; denn er scheint seine gewesene Braut
sehr geliebt zu haben und noch zu lieben. Es wird eine lange Zeit
dazu gehören, diese Wunde wieder zu heilen, w r enn sie überhaupt je
wieder geheilt werden kann. — Doch an diese unangenehmen Dinge, die
ohnedem nicht zu ändern sind, wollen wir gar nicht denken, lieber
Gauss, wenn Sie nur hierher kommen, und vielleicht ist dies noch ein
Beweggrund mehr, warum Sie Ihrem alten Freunde diese grosse Freude
machen sollten. Nichts wird ihn mehr zerstreuen und aufheitern.
Ihrer Rekognoscirungs-Reise habe ich nur unvollkommen folgen
können, da meine Karten nur selten Ihre angeführten Bergnamen ent
halten. Der Brelinger Berg wird wohl natürlich bei Brelingen, so wie
der Garssner Berg bei Garssen anzutreffen sein, aber von dem Falken
berge finde ich keine Spur. — Ich fürchte, Sie werden doch nordwärts
von Falkenberg und ostwärts nur durch mehrere kleine Dreiecke mit
Lüneburg und Hamburg in Verbindung kommen.
Meinen vor etwa 14 Tagen nach Göttingen adressirten Brief wer
den Sie nun wohl erhalten haben?
Von allem Uebrigen mündlich mehr, wenn anders der Himmel
meinen Wunsch und meine Hoffnung erfüllt.
Wegen des späten Datums adressire ich diesen Brief an den
Hrn. Oberamtmann Jochmus in Lüne.