Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1824 Januar 27. 
klärte es sich auf, und der Himmel war ein paar Stunden sehr heiter. 
Fast wagte ich es nicht, meinen Augen zu trauen, als ich an dem 
Kometen ausser seinem von der Sonne abgekehrten gewöhnlichen Schweif 
noch einen anderen gerade der Sonne zugekehrt zu sehen glaubte, so dass 
der Komet einige Ähnlichkeit mit dem Nebelfleck im Gürtel der Andro 
meda hatte. Dieser anomale Schweif war nahe am Kopf des Kometen, 
vielleicht vom Licht des Kopfes überstrahlt, schwer zu sehen, aber 
weiterhin deutlicher und länger, als der gewöhnliche. Die Vermuthung, 
dass vielleicht einige sehr kleine, im Fernrohr nicht mehr einzeln zu 
unterscheidende, gerade in dieser Richtung liegende Sterne eine Täuschung 
liervorbringen möchten, widerlegte sich dadurch, dass die schweifartige 
Erscheinung während länger als einer Stunde in derselben Lage gegen 
den doch unterdessen stark fortrückenden Kometen blieb. 
Glücklicher Weise war es am 24. Abends wieder von 7 bis 9 Ulir 
heiter. Ich sah den anomalen Schweif durch alle meine Kometensucher 
und anwendbaren Fernrohre (den grossen Dollond konnte ich der Lage 
des Kometen wegen nicht gebrauchen) sehr deutlich. Dieser anomale 
Schweif liegt nicht genau in der Richtung der verlängerten Axe des 
gewöhnlichen, sondern macht mit dieser verlängerten Axe einen Winkel 
von höchstens 10° nach Süden. Der anomale Schweif war auch heute 
nahe am Kopf sehr schwach, aber weiter zu verfolgen als der gewöhnliche. 
Ich bin zwar meiner Sache und Wahrnehmung ganz gewiss, aber 
ich möchte doch nicht gern, dass eher etwas öffentlich darüber bekannt 
würde, als bis auch ein anderer diese Erscheinung gesehen hat, oder 
ich wenigstens dieselbe weiter verfolgt habe. Am 25. und 26. war es 
trübe. Sollten Sie, lieber Gauss, noch nichts davon gesehen haben, 
und dies Phänomen noch nach der Zeit, da Sie diese Zeilen erhalten 
werden, noch fortdauern, welches sehr zweifelhaft ist, so bitte ich Sie 
recht inständig, darauf aufmerksam zu sein. Ein guter lichtstarker 
Kometensucher schickt sich am besten zu dieser Beob.; doch muss die 
Luft recht heiter und die Dämmerung ganz vergangen sein. Der 
anomale Schweif zeigt sich sowohl, wenn der Kopf des Kometen mit 
im Felde des Fernrohrs ist, als auch und vielleicht noch besser, wenn 
man diesen eben herausbringt. 
Ich enthalte mich für heute aller Folgerung aus dieser unerwarteten 
Erscheinung, die mir für die Physik des Himmels überhaupt und be 
sonders der Kometen sehr wichtig scheint.
	        
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