Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Barl, 1824 Oktober 20. 
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dass diese Betrachtungen von der einen Seite, und von der anderen 
die vielen Umstände, die mich nöthigen, meinen Messungen jetzt ein 
baldiges Ende zu machen, mich in die peinlichste Verlegenheit setzen. 
Zu letzteren gehören die, so wie die Jahreszeit fortrückt, immer ge 
ringer werdende Hoffnung auf gutes Wetter; dann die persönlichen 
Verhältnisse aller meiner Gehülfen; die Rauhigkeit des Wetters, die 
das Bivouaquiren auf dem Wilseder Berge für meine Artilleristen bald 
unmöglich machen wird; endlich auch die Besorgniss, dass ich selbst 
vielleicht nicht lange mehr Stand halten kann. Ich habe bisher allen 
Beschwerden Trotz geboten, bin täglich (gewöhnlich mitten im Regen 
auf offenem Wagen, oft unter heftigem Schlossenwetter) hinaufgefahren 
und habe jeden Augenblick zu nützen gesucht; obgleich öfter bis auf 
die Haut dabei durchnässt, habe ich mich doch im Ganzen wohl be 
funden und befinde mich auch jetzt, trotz jener Fatiguen und so mancher 
Entbehrungen, denen ich hier in meinem Quartier unterworfen gewesen 
bin, im Wesentlichen so wohl, wie ich mich seit mehreren Jahren nicht 
befunden habe. Dennoch droht ein an sich höchst unbedeutendes Uebel, 
dem gewiss durch Schonung und zweckmässige Mittel leicht abgeholfen 
werden könnte, meine Arbeit bald ganz abzubrechen. Ein scharfer 
Zahn hat meine Zunge wund gemacht, ich habe diese schon seit meh 
reren Tagen stattgefundene Unbequemlichkeit nicht geachtet; allein 
seit gestern hat es sich sehr verschlimmert; es scheint, dass der be 
ständige Reiz die Speicheldrüsen zu einer ungewöhnlich starken Se 
kretion des Speichels disponirt, und bei dem dadurch bewirkten ganz 
ungewöhnlich häufigen Herunterschlucken wird die Zunge immer wieder 
mehr verwundet. Sie scheint jetzt entzündet zu sein, und ich habe die 
vorige Nacht ganz ohne Schlaf zugebracht. Indessen da ich schon 
früher in Linteloh einmal eine ähnliche Beschwerde hatte, obgleich in 
viel geringerem Grade, und dies sich nachher von selbst wieder verlor, 
so werde ich wenigstens heute noch nicht darum aussetzen. Das bis 
gestern Abend beständig gestiegene Barometer hat mich bisher recht 
gefoppt; diese Nacht ist es nun U gefallen, und — nun tröste ich mich 
damit, dass, da beim Steigen schlecht Wetter stattgefunden hat, billiger 
Weise beim Fallen wohl gutes stattfinden könne. 
Wie es nun aber auch gehe, so werde ich in dem Konflikt der 
pro’s und contra’s doch schwerlich länger als bis zum 25. exkl. hier 
sein; also am 25. meine Rückreise antreten und am 26. schon in Han 
nover sein. Bei recht glücklichen Umständen, wozu es aber heute 
Morgen (10 h ) noch wenig Anschein hat, da es stark regnet, könnte es 
auch wohl noch einen Tag früher geschehen, später aber schwerlich. 
Einen oder anderthalb Tage muss ich doch wohl in Hannover sein; 
Sie werden also nach dem Empfang dieses Briefes (der erst über Har-
	        
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