Gauss au Olbers. [Göttingen, 1825 Februar 2.] 373
habe das damals nicht angenommen. In der That, ich habe bisher
(meine Dienstwohnung nicht gerechnet) jährlich mehr als 2000 Rthlr.
gebraucht, so viele Entbehrungen und Beschränkungen ich mir auch
persönlich aufgelegt habe. Das Fehlende ist durch anderweitige Zu
flüsse ersetzt. Allein es hat mir immer ein widriges Gefühl gemacht,
dass meine Diensteinnahme mich nicht gegen die kleinlichen Lebens
sorgen sicher stellte, und wenn einmal Halbheiten bleiben sollten, so
würde ich mich ihnen in G[öttingen], wo doch manches andere nicht
ganz nach meinem Wunsche ist, nicht unterworfen haben. Allein man
zeigte mir an, man habe in London auf einen Gehalt von 2500 Rthlr.
Convent. G. angetragen und zweifle nicht an der Königl. Sanktion, man
wünsche mich in jeder Rücksicht zufrieden zu stellen etc. Ihnen,
theuerster Olbers, darf ich nicht verhehlen, dass ein so liberales Be
nehmen gegenüber der 3ijährigen Zögerung in Berlin mich zu der
Aeusserung aufrichtiger Dankbarkeit verpflichtete, und dass ich daher
schon gebunden war, als ich den MüfelinG’schen Brief bekam.
Sie sehen zugleich, dass die Bedingungen, die er enthält, viel
schlechter sind als die hannoverschen. So wie sie sind, hätte ich sie
bestimmt nicht angenommen, aber vis-à-vis der ersten hannoverschen
Anerbietung hätte ich sie zu einem Gegenstand weiterer Unterhand
lungen gemacht; nach Dirksen’s Briefe müsste ich dann schliessen, dass
diese dann, vielleicht, ein anderes Resultat gegeben hätten.
Ich bin weit entfernt gewesen, dem Meist bietenden feil zu sein;
allein eine sorgenfreie, von fremden zufälligen Zuflüssen unabhängige
Lage musste ich, wenn ich einmal alles auf das Spiel setzte, verlangen.
Ziehen Sie von den mühselig in Berlin zusammengebrachten 2600 bis
2700 preuss. Cour, die Kosten einer Wohnung, die man leidlich an
ständig dort nicht unter 500 Rthlr. haben kann (und die seitdem im
Preussischen eingetretenen Gehaltsabzüge) ab, so bleibt weniger, als
ich bisher in dem wohlfeileren Göttingen gebraucht habe. Ich wäre
also noch immer, um zu leben, von den Zinsen des kleinen Vermögens
meiner Frau abhängig geblieben, und das anzunehmen hätte ich nur
in dem Fall mich entschliessen können, wo ich hier ebenso abhängig
davon geblieben wäre. Rechnen Sie nun noch dazu, dass ich aus
manchen früheren Winken des Gen. Müffling auf vielfältige Oppo
sitionen gegen meine Berufung nach Berlin schliessen musste — eine
Vorstellung, die nach Dieksen’s und Buch’s Briefen vielleicht grundlos
war, die ich aber früher in Ermangelung gründlicher Kenntniss des
Terrains nicht unbeachtet lassen konnte —, so werden Sie das oben
Gesagte wohl natürlich finden, wiewohl ich noch einmal wiederholen
muss, dass der Ruf auf alle Fälle zu spät kam, und ich dadurch eines
peinlichen Schwankens ganz überhoben wurde.