Gauss an Gibers. Göttingen, 1820 August 23.
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hülfen leicht erreicht werden kann. Uebrigens beunruhigt mich dieser
Punkt, nämlich die Frage, ob Kreis oder Theodolith am besten sein
wird, weiter gar nicht, wenn nur erst die Hauptschwierigkeit gehoben,
das ist, ein guter Theodolith vorhanden ist; dann wird die Erfahrung
bald von selbst entscheiden, ob das eine Instrument oder das andere
vorzuziehen, oder ob es rathsam sein wird, beide anzuwenden. Was
mir mehr Sorge macht, ist nicht der scientihsche, ja auch nicht der
technische Theil der Operation, sondern vielmehr, wenn ich es so nennen
darf, der administrative. Ob dieser gut oder schlecht eingeleitet wird,
davon wird es vornehmlich abhängen, ob ich an dem ganzen Geschäft
Freude oder Verdruss haben werde; hier bin ich ganz auf mir fremden
Boden fast ohne alle Erfahrung, und hier ist es vornehmlich, wo der
Beirath eines welterfahrenen Freundes mir höchst wünschenswerth ist.
Ich habe daher auch auf das Ministerialreskript vorerst nur eine dila
torische Antwort gegeben, da ohnehin, ehe nicht bestimmte Aussicht
wegen eines Theodolithen da ist, noch nichts geschehen kann. Bloss auf
die Verwendung des Ministeriums, um den englischen Sektor, wenn
Schumacher ihn abliefert, auch hierher zu bekommen, habe ich ange
tragen, nicht sowohl weil ich glaubte, damit bessere Z.-D. erhalten zu
können als mit dem Meridiankreise, als vielmehr, weil es nützlich scheint,
jenes Instrument an diesem zu prüfen, und weil vielleicht auch noch
rathsam gefunden werden könnte, an einem Zwischenpunkte, z. B. in
Hannover oder Burgdorf etc., astronomische Beobb. zu machen.
Ihre Idee, Hrn. Treviranus für die Gradmessung mit zu engagiren,
ist gewiss eine sehr glückliche, und ich sollte glauben, falls er unter
billigen Bedingungen dazu geneigt sein sollte, dass sich dies auch wohl
wird machen lassen. Dass ich aber jetzt ganz ausser Stande bin, über
die Beschaffenheit der Bedingungen, die ich anbieten kann, etwas an
zugeben, werden Sie aus dem Obigen von selbst schliessen. Ich bitte
vielmehr Sie, mein theuerster Freund, mir hierüber Ihre Meinung und
Ihren Rath mitzutheilen, wo sich dann, wenn ich auf meiner Reise über
Hannover komme, die Sache wohl mündlich entamiren lassen wird. Im
nächsten Frühjahr könnte übrigens, falls ich bis dahin einen Theodo
lithen erhalten kann, die Operation anfangen, und so lange es die Wit
terung erlaubt, also etwa bis in die Mitte oder bis gegen Ende Okt.
fortgesetzt werden. Ich zweifle jedoch, dass mit einem Jahre die Ar
beit sich beendigen lassen wird.
Einen Theodolithen hätte ich am liebsten von Reichenbach; allein
bekanntlich hat derselbe seine Werkstatt nach Wien verkauft. Doch
wollte er, wie er mir früher schrieb, so viel Einrichtung behalten, dass er
neue Ideen ausführen und in besonderen Fällen seinen Freunden dienen
könnte. Sonach könnte ich noch Hoffnung haben, falls nicht seine nun-