Gauss an Olbers. Gnarrenburg', 1825 Juli [26—80]. 423
Künftigen Freitag, den 22. dieses, rückt die erste Kolonne meiner
lieben Verwandten bei mir ein, die icli die preussische nenne. Diese
Division besteht aus meiner Schwester, der Oberdeichgräiin Martens,
ihrer Tochter, der Majorin v. Avemann, ihrer Enkelin, alle aus Berlin,
und der Tochter einer schon längst verstorbenen älteren Schwester von
mir, der Witwe Cläpius aus Göthen. — Die hannoversche Division
unter meiner Schwester, der Räthin Meyer, deren eigentliche Stärke
ich noch nicht angeben kann, wird einige Tage später eintreffen. Ob
gleich die Wohnung von Dr. Focke zu Hülfe genommen wird, so werden
sich meine lieben Gäste doch sehr behelfen und enge zusammen packen
müssen.
Bei dem schönen Wetter habe ich mich besonders am 12. und 13. Juli
überzeugt, dass Encke’s Komet noch mit meinem Bollond und meinen
alten Augen gar nicht zu erkennen ist. Vermuthlich ist die noch fort
dauernde nächtliche Dämmerung und der niedrige Stand des Kometen
Schuld; denn der Komet muss schon ebenso hell, wenn gleich bei
weitem nicht so lichtstark sein, als am 27. Nov. 1819, wie ihn Pons
zufällig auffand. Mit Ungeduld erwarte ich aus südlicheren Gegenden
die Nachricht, dass man ihn wieder erblickt hat.
Der gewöhnliche englische Quartals-Courier muss wohl angekommen
sein, denn ich habe ein Packet mit englischen Druckschriften von ihren
Verfassern, Herschel, South, Kater und Baily, geschenkt erhalten.
Gewiss wird auch für Sie ein ähnliches, noch reicher ausgestattetes
Packet eingegangen sein.
Hier hat sich ein angehender junger Geometer, Westhof, eben bei
der Vermessung unseres kleinen Gebiets angestellt, die Oeffnung einer
stark geladenen Büchse in den Mund nehmend erschossen. Der Kopf
ist ganz zerschmettert worden, und das Gehirn hat an der oberen
Zimmerdecke in kleinen Theilen umher geklebt. Die Ursache dieses
Selbstmordes kennt man nicht.
No. 589. Gauss an Olbers. [279
Gnarrenburg, 1825 Juli [26—30]. 1 )
Ich benutze einen stürmischen Morgen, einen Brief an Sie anzu
fangen, obgleich ich noch nicht weiss, wie bald ich Gelegenheit haben
1 ) Nach dem Brief v. 25. Juli 1825 von Olbers an Schumacher war Gauss auf
der Durchreise nach Gnarrenburg- bei Brillit vom 23. Abends bis 24. Juli Morgens in
Bremen. Nach den Bemerkungen zu Bd. IX von Gauss’ Werken S. 438 hat sich dann