Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Gnarrenburg, 1825 Juli [26—80]. 
werde, ihn an Sie abzusenden. Ich 1 ) sehe nicht ohne Missmuth auf 
meine 5jährigen Messungen zurück; ich sehe mich gegen das Ende 
derselben ungefähr in einer solchen Lage und in solchen Gefühlen, wie 
sie wohl viele, vielleicht die meisten Menschen in Beziehung auf das 
Erdenleben, wenn sie sich dessen Schluss nähern, haben mögen, mit 
dem Gefühl, dass, wenn mit den ein gesammelten und erst spät zur Reife 
und Klarheit gekommenen Erfahrungen, mit frischer Kraft und mit der 
erlernten Würdigung so mancher Dinge von vorn her hätte angefangen 
werden können, viel mehr Zufriedenheit stattgefunden haben könnte. 
Was die Messungen betrifft, so halte ich mich jetzt überzeugt 
1) dass der so wie der meinige gebaute Theodolith alle Winkel 
zu klein giebt und zwar im Durchschnitt um eine freilich nur sehr 
kleine, aber bei der sonstigen Trefflichkeit des Instruments, wenn man 
nur unter günstigen Umständen beobachtet, doch sehr scharf anzu 
gebende* *) Grösse, die freilich mit dem Abnutzen des Instruments grösser 
werden mag. Meine Je versehen Messungen, die recht ex professo an 
gelegt waren, diese Grösse mitzubestimmen, geben sie 0",4, und ich 
glaube nicht, dass sie um 0",1 unrichtig ist. Leider bieten meine 
früheren Messungen keine so nachdrücklichen Bestimmungsmittel dar, 
da ich, obgleich von Anfang an schon das Dasein dieser Fehlerquelle 
vermuthend, doch glaubte, sie sei zu klein, um nicht als = 0 betrachtet 
werden zu müssen. Hätte ich anstatt einer Gradmessung eine Landes 
vermessung und damit häufige Gelegenheit zu einem Gyrus Inorizontis 
gehabt, so wäre ich ohne Zweifel früher von dieser Ansicht zurück 
gekommen. Ich werde künftigen Winter die Grösse für jedes Jahr, so 
gut es angeht, zu bestimmen suchen. Ich halte mich jetzt überzeugt, 
dass 1) bei steter Berücksichtigung dieser Grösse, 2) beim Enthalten 
von allem Messen, wenn die Umstände nicht günstig sind, und 3) bei 
Beachtung der beiden anderen noch zu erwähnenden Umstände, die 
Messungen auf Heliotroplicht eine fast unglaubliche Feinheit erhalten 
können, von der ich nun leider viel mehr entfernt bleibe. Eine Dis 
kussion der in Göttingen 1823 gemachten Messungen giebt mir die 
obige Grösse =0",140, aber nur mit einem Gewicht von 47 Repetitionen. 
Gauss von Juli 25 bis Aug. 2 in Brillit-Gnarrenburg aufgehalten. Hiernach und 
nach dem Inhalt dieses Briefes ist obiges Datum festgesetzt. Krm. 
J Von hier ab bis „frei erschienen“ auch abgedruckt in Gauss' Werken Bd. IX, 
S. 490—493. Vergi, zu dem Inhalte dieses Briefes auch die in Bd. IX wieder abge 
druckten Briefe Gauss’ vom 14. Aug. 1825 an Schumacher (No. 259), ferner vom 
29. Okt. 1843 und 15. Aug. 1844 an Bessel (No. 189 und 192). Krm. 
*) ^ on 4 er Grösse der Vinkel fast unabhängig; es scheint fast, dass das erste 
Drehen es hauptsächlich hervorbringt, wo der Zapfen doch immer in gewissem Grade 
gleichsam festgesogen war.
	        
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