Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Göttingen, 1826 Mai 14. 
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wo 55 Gleichungen ebenso viele unbekannte Grössen involvirten. Heute 
bin ich damit fertig geworden, so dass nun alle 150 Richtungen, die 
das System enthält, so ausgeglichen sind mit den möglich kleinsten 
Aenderungen, dass sie genau mit einander harmoniren. Es sind unter 
den 150 fünf, die über 1” haben geändert werden müssen (die grössten 
1",373, nämlich Garlste—Varel und Varel—Garlste), und der sogenannte 
mittlere Richtungsfehler wird 0",755, viel grösser, als nach der schönen 
Uebereinstimmung der Messungen auf jeder Station unter sich zulässig 
ist, so dass ich das Dasein der Lateralrefraktion in den flachen Gegenden 
gar nicht bezweifeln kann; in den höheren Gegenden sind die Aus 
gleichungen immer viel kleiner. — Es war eine langweilige Arbeit, 
alle Messungen erst genau vorzubereiten, da ich nichts vernachlässigen 
wollte, und die kleinen Reduktionen der Konsequenz wegen doch überall 
zugezogen werden sollten. Bessel hat, so viel ich weiss, erst öffentlich 1 ) 
von derjenigen gesprochen, die daher rührt, dass der Winkel der kür 
zesten Linien von dem Winkel der Vertikalebenen differirt, allein er 
hat dabei bloss die Punkte als auf der Oberfläche des Sphäroids be 
trachtet; meistens beträgt diese Reduktion nur ein paar Tausendtheile 
einer Sekunde, wollte ich sie aber einmal zuziehen, so durfte ich eine 
andere nicht übergehen, die gewöhnlich viel grösser (obgleich auch noch 
unbedeutend) ist und daher rührt, dass die Punkte, die in einer Ver 
tikallinie liegen, nicht in einer Vertikalebene erscheinen, so dass eine 
von der Höhe abhängige Reduktion hervorgeht. Diese hat immer das 
entgegengesetzte Zeichen von Bessel’s Korrektion und ist schon bei 
massigen Höhen immer grösser, oft 4 mal, 8 mal so gross, so dass jene 
immer destruirt und weit überflügelt wird. Der grösste Betrag in 
meinem System ist vom Lichtenberg zum Brocken, wo er —0",041 
ausmacht. — Die genaue Berechnung der 51 Dreiecke selbst wird jetzt 
ein leichtes Spiel sein. 
Doch jetzt genug hiervon; ich wende mich zu dem D’ANGos’schen 
Kometen, um mich zu rechtfertigen, dass es mir bis jetzt noch nicht 
hat gelingen wollen, in Encke’s Aufsatz in Zach’s Journal * 2 ) einen Beweis 
des Betruges zu erkennen. Vor allen Dingen muss ich, damit Sie mich 
nicht missverstehen, zweierlei vorerinnern. 
1) Ich nehme den Ausdruck Beweis hier nicht sowohl in dem Sinn 
der Juristen, die zwei halbe Beweise = einem ganzen setzen, als in 
dem der Geometer, wo \ Beweis = 0 ist, und zum Beweis erfordert 
wird, dass jeder Zweifel unmöglich wird. 
b A. N. Bd. I S. 33 und 85, Bd. IV S. 241 ff., in Bessel’s Abhandlungen, heraus 
gegeben von R. Engelmann, Leipzig, ahgedruckt in Bd. III, S. 1—14. Krm. 
2 ) Siehe Anmerkung auf S. 51. Krm. 
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