Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Göttingen, 1826 Mai 14. 
das Ensemble aller Umstände den Betrug höchst wahrscheinlich, und 
wie man es gewöhnlich vor einer Jury nimmt, moralisch gewiss macht, 
will ich Ihnen gern zugeben. 
Meine Reise nach Celle machte ich nur so im Fluge und konnte 
damals die Hoffnung, Sie ein paar Tage in Bremen zu sehen, nicht 
realisiren. Ich war nur 6 Tage abwesend. Direktor Hüpeden ist ein 
sehr lieber Mann, und ich freue mich sehr, meinen Sohn unter seiner 
Leitung zu wissen, wo er sich auch recht gut gefällt. 
Die HAEDY'sche Pendeluhr 1 ) geht bis jetzt vortrefflich. Vielleicht 
ist die Kompensation noch etwas zu schwach, aber selbst diese Ver- 
muthung beweist die Unvergleichlichkeit des Ganges. Im März hatte 
ich ihren täglichen Gang auf —J— 0 S ,44 gebracht; der sich sehr regel 
mässig zeigte, aber im Apr. auf 0 S ,3 kam und jetzt durch -j-0 s ,2 bis 
auf -f- 0 S ,16 gekommen ist, aber mit der grössten Regelmässigkeit, so 
dass von einem Tage zum andern nur Differenzen in den Hunderttheilen 
der Sekunde sind. Die Shelton’scIic Uhr hat wohl 30 mal so grosse 
Aenderungen. Die Kompensation ist höchst einfach, indem bloss statt 
der Linse ein cylindrisches mit Quecksilber gefülltes Gefäss schwingt. 
Sollte sich bestätigen, dass die zunehmende Wärme den etwas retardirten 
Gang bewirkt, so wird etwas Zusatz von Quecksilber abhelfen können. 
Aber eine solche Aenderung des Ganges, wie die bemerkte, ist im 
Grunde gar nichts, zumal da in der Sternwarte die Temperaturänderungen 
gering und langsam sind. 
Vor Kurzem hatte ich das Vergnügen, Hrn. Inspektor Lohemann 
bei seiner Rückreise von Paris nach Dresden hier kennen zu lernen. 
Von Geuithuisen scheint er nicht viel zu halten; letzterer war vorigen 
Sommer (Aug. u. Sept.) hier in Göttingen und wollte den Winter in 
Dresden zubringen, er hat aber Hrn. Lohemann gar nicht besucht. 
Ich * 2 ) habe mich heute noch etwas in dem System der Keayenhoff- 
schen Dreiecke im Innern von Holland umgesehen. Ich sehe immer 
mehr, wie wenig ich Ursache habe, mich über meinen grössten Richtungs 
fehler von 1",3 3 * ) zu beunruhigen. Wenn man Keayenhoff’s Messungen 3 ) 
oberflächlich prüft, d. i. die Summen der 3 Dreieckswinkel und den 
Gyrus horizontis,, so findet man überall so schöne Uebereinstimmung, 
dass man verleitet wird, diesen Messungen eine Genauigkeit beizulegen, 
von der sie doch sehr weit entfernt sind. Nichts ist dazu zweck 
mässiger als die ^ erbindungen von mehr als 3 Punkten, die verknüpfte 
*) Vergl. Gauss’ Werke Bd. VI, S. 453, 454. Krm. 
2 ) Siehe Anmerkung auf S. 450. Krm. 
3 ) Muss 1",4 heissen nach dem Anfang des Briefes, lieber die Ungenauigkeit 
der KRAYENHOFF'schen Vermessung siehe auch Brief No. 521 (1824 Juli 4) und No. 486 
(1823 Dec. 28), ferner Brief No. 153 im Briefwechsel Gauss-Bessel. Krm.
	        
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