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Gauss an Olbers. Altona, 1827 Mai 25.
No. 616. Gauss an Olbers. 1290
Altona 1 ), 1827 Mai 25.
Mit ein paar Zeilen muss ich Ihnen für Ihren lieben Brief vom
23. danken. Die warme freundschaftliche Theilnahme, die Sie an dem,
was mich beunruhigt, an den Tag legen, ist mir so wohlthuend.
Leid hat es mir gethan, dass Sie nach Empfang meines letzten
Briefes nicht mehr mit dem General H[artmann] über die Angelegenheit
sprechen und namentlich etwa sich über das eigentliche Wesen etwas
myopischer aber guter Augen als mathematischer Arzt äussern konnten,
als worüber die meisten Menschen, die nicht vom Fach sind, ganz ver
worrene und unrichtige Vorstellungen haben. Soweit nicht Uebelwollen,
sondern solche unrichtigen Vorstellungen sich in den Weg stellen, würde
Ihre Autorität die grösste sein. Da ich den Zustand der Augen meines
Sohnes sehr genau von jeher kenne, so habe ich von Anfang an die
Ueberzeugung gehabt, dass daraus niemals ein reelles Hinderniss für
irgend ein Dienstgeschäft entstehen kann, noch viel weniger, als mir
meine 3—4mal grössere Kurzsichtigkeit ein Hinderniss bei astronomi
schen und geodätischen Arbeiten ist. Ohne jene Ueberzeugung würde
ich ja natürlich meine Einwilligung zur Ergreifung der militärischen
Laufbahn nicht gegeben haben. Er hat sich ihr mit wahrer Liehe ge
widmet, da sie in der That bei langem Frieden nichts weniger als
anlockende Aussichten darbietet. Sollen nun, nachdem er fast drei
Jahre dafür geopfert hat, unwürdige Chikanen ihn wieder heraus
drängen!
Mit grossem Vergnügen werde ich Ihnen von Zeit zu Zeit meine
Sektor-Beobachtungs-Resultate anzeigen. Aber leider macht auch diese
Angelegenheit mich sehr missmuthig. Ich fürchte, einen sehr grossen
Theil meiner Göttinger Beobb. umsonst gemacht zu haben, zu denen
ich hier entweder gar keine oder nur sehr wenige korrespondirende zu
erhalten fürchte. Der Lieut. Nehtts, von dessen Hülfe ich ganz ab
hängig bin, kommt erst gegen Ende dieses Monats hier zurück. Viel
leicht habe ich aber den traurigen Trost, dass ich durch diese Ver
spätung eigentlich nichts verliere, bis diese Stunde habe ich seit meiner
Ankunft noch nichts vom Himmel gesehen. — Wenn diese Geschäfte erst
besser gehen, und die Hoffnung nicht ganz getäuscht wird, wenigstens
eine einigermaassen anständige Ausbeute zu erhalten, so wird es, wie
x ) Gauss war ungefähr vom 21. Mai bis Anfang Juli in Altona zur Bestimmung
des Breitenunterschiedes Göttingen-Altona mit dem Zenithsektor. Er ist von Altona
dann über Bremen zurückgereist. Krm.