Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1828 April 9. 
alter Kopf wird Ihnen nicht mehr allenthalben folgen, nicht mehr alles 
verstehen können, was mir ganz besonders wegen der Disquisitiones gene 
rales circa superficies curvas sehr leid sein wird. 
Ich sehe die „Bestimmung des Breiten-Unterschiedes zwischen 
Altona und Göttingen aus den Sektor-Beobb.“ schon als zur Ostermesse 
fertig im Messkataloge angekündigt und hoffe also, dass sie bald wirk 
lich erscheinen wird. Damit ist denn wohl der grösste Theil der 
Prolegomena zu dem eigentlichen Werke über Ihre so einzige und un 
vergleichliche Gradmessung geendigt, und wir dürfen dann diesem viel 
leicht bald entgegensehen. 
Auch ich habe den Winter so erträglich zugebracht, wie man es 
im 70. Jahre erwarten kann. Schlaflosigkeit und Husten sind meine 
grössten Beschwerden und fast beständigen Begleiter. Die allmähliche 
von Vierteljahr zu Vierteljahr sehr merkliche Abnahme meiner physi 
schen und geistigen Kräfte beobachte ich ruhig mit dem Auge eines 
Physiologen, ohne sonderlich dadurch afficirt zu werden. Ich finde es 
doch noch immer ganz angenehm zu leben; sehe aber auch ohne Furcht 
und Widerwillen das Ende meiner Laufbahn sich nähern. 
Sie sagen mir nichts von der Gesundheit Ihrer herrlichen Frau, 
lieber Gauss, für die ich mich doch so sehr interessire. Darf ich 
daraus schliessen, dass das Befinden derselben unseren Wünschen ge 
mäss ist. 
Wenn ich den albernen Lärm hätte vorhersehen können, den meine 
Bemerkung über die Lage der Bahn des BiELA’schen Kometen gegen 
die Erdbahn verursacht hat, ich würde wahrlich diese Bemerkung, die 
ja jeder machen konnte und machen musste, der sich nur die Mühe 
nahm, die Elemente der Kometenbahn etwas näher zu untersuchen, nie 
bekannt gemacht haben. Aber ich glaubte mich diesmal recht vor 
sichtig ausgedrückt zu haben, um keine Missdeutung zu befürchten; und 
ein Anlass war mir nicht unangenehm, wobei ich mich einmal kräftig 
gegen die Verleumdung erklären konnte 1 ), die mir so viele abgeschmackte 
Meinungen und unsinnige Prophezeiungen zuschrieb. — Vieles von dem, 
was man nun auf meine Rechnung über den Kometen von 1832 ge 
fabelt hat, habe ich nicht gelesen, aber schon das, was mir ungesucht 
in den Zeitungen vorgekommen ist, hat mir genug Verdruss gemacht. 
Sehr * 2 ) neugierig bin ich, die Gründe zu wissen, warum es Ihnen 
jetzt wahrscheinlich ist, dass jeder Komet einen kleinen festen oder 
doch aus einer tropfbaren Flüssigkeit bestehenden Kern habe. Ich muss 
*) Olbers’ Anmerkung zu dem erwähnten Aufsatze. S. Olbers Bd. I, S. 433. Krm. 
2 ) Yergl. zu dem Folgenden auch Olbers’ Brief v. 6. Mai 1828 an Bessel, 
No. 328 des Briefwechsels, Bd. II S. 313—314. Krm.
	        
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