Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1829 März 3. 
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schweigen nicht einer Abnahme Ihrer Freundschaft oder Ihrer gütigen 
Gesinnungen gegen mich, sondern — und wie ich nun aus Ihrem 
Schreiben sehe, mit Recht — Ihren vielen wichtigen Geschäften zu. 
Eben diese Ueberzeugung, dass nur Zeitmangel Sie verhindert habe, 
mich mit einigen Zeilen zu beglücken — Sie wissen, dass jeder Brief 
von Ihnen für mich ein wahres Fest ist —, hielt mich ab, diese Ihnen 
so kostbare Zeit durch meine unbedeutenden Zuschriften noch mehr zu 
beengen, besonders da ich Ihnen nichts zu schreiben hatte, was Sie 
auch nur einigermaassen hätte interessiren können. 
Sehr verbunden bin ich Ihnen für die höchst interessanten Be 
lehrungen über die Kapillaraktion und über das neue, so äusserst merk 
würdige mechanische Grundprincip. Ich zweifle nicht, dass letzteres 
bei Auflösung schwieriger und verwickelter mechanischer Aufgaben vor 
treffliche Dienste leisten wird. 
Die photometrische Preisfrage der Societät war mir sehr angenehm, 
und ich wünsche nur, dass sie recht würdige und erschöpfende Beant 
wortungen hervorrufen möge. Ich habe mich vordem eine Zeit lang 
mit dem Gegenstände derselben beschäftigt und besitze auch noch ein 
gut gearbeitetes, meinem Dollond angepasstes KöHLER’sches Photometer, 
wo die Diagonale durch Schrauben mit feinen Gängen gemessen wird, 
indem jeder Umgang wieder in 60 Theile getheilt ist. Allein die Ge 
nauigkeit des Instruments war mir doch nicht genügend, weil hier die 
Lichtstärke immer wie das Quadrat der gemessenen Linie sich verhält, 
und immer andere Theile des Objektivs von anderer Dicke bei Ver- 
grösserung der quadratischen Oeffnung dem Lichte den Zugang ge 
währen. Leicht verfiel ich auf die Konstruktion eines anderen Photo 
meters, wo die Lichtmengen den Sektoren des Objektiv-Glases proportional 
sind. Hier sind alle Sektoren in Ansehung der Dicken des Objektiv- 
Glases einander völlig ähnlich, und die Lichtmengen verhalten sich 
einfach wie die Kreisbögen, die die Sektoren begrenzen. Diese Bogen 
können durch Verniers bis auf 6 oder wenigstens 10 Minuten gemessen 
werden. Man muss alsdann dieses Photometer mit Dämpfgläsern von ver 
schiedener Dunkelheit verbinden, deren relative Lichtschwächung eben 
durch das Photometer gemessen werden kann, um für grössere Sterne 
oder hellere Objekte einen um so grösseren Bogen für den Sektor zu 
erhalten. Die Auswahl eines oder mehrerer unter sich genau zu ver 
gleichender Standard-Sterne wird nicht wenig schwierig sein, weil man 
gewiss sein muss, dass diese Vergleich-Sterne selbst keinen bedeutenden 
Lichtwandel haben, wovon wohl nur sehr wenig Sterne völlig frei sein 
mögen. Jedesmal, wenn man die Lichtstärke eines noch nicht gemesse 
nen Sterns bestimmen will, muss man auch einen Stern von schon be 
kannter Lichtstärke mit beobachten, weil die Heiterkeit der Luft sehr
	        
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