Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Gauss an Offers. Göttingen, 1829 Oktober 12. 
Auch mir hatte Lindenau schon für vorigen Monat einen Besuch 
versprochen, aber bis jetzt nicht Wort gehalten. 
Mein eigenes Leben ist in diesem ganzen Sommer sehr einförmig ge 
wesen; abgerechnet zwei Reisen nach Hannover — im März zn einer Kon 
ferenz der Maass-Regulirungs-Kommission, und im Mai zur Regulirung 
der in diesem Jahre auszuführenden Triangulirungsarbeiten — bin ich 
fast gar nicht aus meinen 4 Pfählen herausgekommen. Mein Plan war, 
dass meine drei Officiere, Müllee, Haetmann und mein Sohn, ein 
Dreiecksnetz erster und zweiter Ordnung vornehmen sollten in den 
Westfälischen Landestheilen; ersterer sollte erst das Land bereisen und 
Vorbereitungen treffen, während Haetmann im Hildesheimschen und 
mein Sohn im Eichsfelde noch einige Lücken für die Detailaufnahme 
ausfüllten; hernach sollten alle drei in Westfalen gemeinschaftlich 
agiren, und im Sept., der sonst in Norddeutschland immer schönsten 
Jahreszeit, dachte ich nach Vollendung meiner Vorlesungen und einer 
anderen Arbeit noch auf einen Monat selbst ins Feld zu gehen und 
dann die Nähe von Bremen zu benutzen, um dort meinen theuren Olbees 
zu umarmen. 
Leider hat sich wegen vielfacher Hindernisse alles ganz anders 
gefügt. Mein Sohn hatte seine Aufgabe, die allerdings die kleinere 
war, binnen 14 Tagen vollendet und reiste dann Anfangs Juni über 
Nienburg, um Müllee aufzusuchen, von dem noch keine Nachrichten 
eingelaufen waren; in Uchte, Wagenfeld, Osnabrück und Iburg verfolgte 
er seine Spur, aber immer war jener schon abgereist. Er blieb also 
zuletzt in Iburg, um auf dem Dörnberge, einem Hauptdreieckspunkte, 
wo die Preussen an dem vormals EpAiLLT’schen Platze vor einigen 
Jahren wieder eine Signalpyramide errichtet haben, die Messungen an 
zufangen, aber schon nach wenigen Tagen wurde er durch einen Brief 
von Müllee nach Twistringen abberufen. Jener fing hier die Messungen 
an, während Müllee noch die Einrichtungen auf dem Thurme von 
Asendorf vorbereitete; dann wurde letztere Station gemeinschaftlich 
vorgenommen, wobei der Steinberg (mein Dreieckspunkt bei Verden 
von 1824) durch Heliotroplicht verbunden wurde. So war bei stets sehr 
ungünstigem Wetter der Anfang des Juli herangekommen, als Müllee 
infolge eines anderen vom Ministerium ihm ertheilten Auftrags zu einer 
Reise nach Dresden, Wien etc. für dieses Jahr ganz von den Messungs 
arbeiten abgerufen wurde. 
Da zu dieser Zeit Haetmann mit seiner Aufgabe im Hildesheim 
schen noch lange nicht fertig war, so blieb also mein Sohn für die 
grosse Triangulirungsarbeit allein; er wurde überdies vom Wetter, 
welches seit 1821 in keinem Jahre so schlecht gewesen war, gar nicht 
begünstigt, und hatte auch ausser den erzählten Arbeiten vom gegen
	        
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