Gauss an Olbers. Göttingen, 1829 Oktober 12.
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wärtigen Jahre noch fast gar keine Uebung in selbständigen Arbeiten
mit einem REicHENBACH’schen Theodolithen gehabt. Um so mehr ge
reicht es mir zur Freude, dass er sowohl durch die Sorgfalt seiner
Messungen als durch die Zweckmässigkeit der ganzen Anlage meine
vollkommene Zufriedenheit verdient und meine Erwartung übertroffen
hat. Er hat bis zu seinem letzten Briefe (in diesem Augenblick wird
er auf der Rückkehr sein) die Arbeiten an 8 Hauptplätzen Twistringen,
Asendorf, Mordkuhlenberg (bei Damme), Nonnenstein (westl. Grenze des
Fürstenthums Minden unweit Bünde), Dörenberg, Bentheim, Kirchhesepe
und Queckenberg (bei Fürstenau), und an 6 Plätzen zweiten Ranges
Wagenfeld (s. ö. von Diepholz), Ostercappeln, Piesberg (bei Osnabrück),
Neuenkirchen (bei Vörden), Hohe Egge (bei Halle in Westfalen), Wind
mühlenberg (bei Freeren), verschiedene andere Nebenplätze ungerechnet,
die Messungen absolvirt, so dass dieses ganze an die Seite Bremen—
Steinberg geknüpfte Netz seine Arbeit ist, mit Ausnahme des Platzes
Knickberg bei Uchte, welchen endlich Hartmann im Aug. bearbeitet
hat. Letzterer hat sich bei den ungünstigen Umständen auf die Be
setzung des Knickberges und auf die Vorbereitung der drei vormals
hessischen Aemter Uchte, Auburg und Freudenberg zur Detailaufnahme
im künftigen Jahre beschränken müssen. Ich bemerke noch, dass die
Messungen meines Sohnes, die die Lage von 100—200 Ortschaften mit
aller zu wünschenden Genauigkeit geben werden, nur mit einem 8 zöll.
Theodolithen ausgeführt sind, da ich hoffe, eine andere Verbindung von
Bentheim mit meinen Gradmessungs-Dreiecken weiter südlich durch grosse
Dreiecke mit dem 12 zöll. Theodolithen künftig ausführen zu können, wo
bei der Thurm, der bei der Porta Westphalica gebaut wird (Wittekind
stein), und der mit dem Köterberg und mit dem Dörenberg zu verbinden
ist, wird benutzt werden können. Denn für höhere Zwecke möchte die
ausgeführte Verbindung unzulänglich sein, da der dort nicht zu um
gehende Thurm von Twistringen ein sehr schlechter Standpunkt ist.
Ohne diesen letzten Umstand würde sonst auch noch eine schärfere
Messung der 2 Winkel in Bremen, die ich 1824 nur ganz als Neben
sache behandelte, erforderlich gewesen sein. Es versteht sich übrigens,
dass auch, wie die Sachen jetzt liegen, es sich nur um Ungewissheiten
von ein paar Sekunden handelt.
Bei jener Zersplitterung der Arbeiten minderte sich für mich das
Interesse, welches sonst noch meine eigene Theilnahme hätte haben
können; mehrere andere Umstände aber machten, dass dieselbe ganz
wegfallen musste. Das im Sept. erwartete schöne Wetter blieb ganz
aus; meine Vorlesungen konnten erst nach der Mitte dieses Monats
und die vorhin erwähnte Arbeit erst gegen Ende desselben beendigt
werden, und dann war an kein Reisen mehr zu denken.