Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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No. 637. 
Olbers an Gauss. Bremen, 1830 Februar 22. 
Olbers an Gauss. 1 ) 
529 
[337 
Bremen, 1830 Februar 22. 
In der Nacht vom 5. znm 6. Febr. bin ich dem Tode sehr nahe 
gewesen. Zwar schon etwas erkältet, aber mich doch sonst wie ge 
wöhnlich befindend, wurde ich kurz nachher, wie ich mich zu Bette 
gelegt hatte, von einem Stickfluss befallen. Eiskalt an Händen und 
Füssen, luftlos, mit dem Röcheln eines Sterbenden und unter krampf 
haften Erschütterungen des ganzen Körpers, jedoch bei vollem Be 
wusstsein erwartete ich jeden Augenblick mein Ende. Indessen ist der 
Zufall wieder nach und nach [vorjübergegangen; ich erhole mich lang 
sam, wie es bei meinen vorgerückten Jahren zu erwarten ist, und es 
scheint, dass ich noch wieder durchwintern werde. Ob ich mich 
darüber freuen soll, dass der Schritt in jene Welt, den ich doch bald 
werde thun müssen, und dessen oft grosse und qualvolle Beschwerden 
diesmal schon mehr als halb überwunden waren, unvollendet geblieben 
ist, weiss ich nicht recht. Genug, das Schicksal hat es so gewollt! 
Die strenge anhaltende Kälte dieses Winters, die mir gar nicht 
mehr zusagt, war wohl die Hauptursache dieses Zufalls. Doch ist die 
Kälte dem Grade nach hier bei Weitem so gross nicht gewesen, wie bei 
Ihnen, oder im südlichen Deutschland. In meinem Gärtchen hinter dem 
Hause habe ich nicht mehr als —14°,5 R gehabt. Auf dem Wall und 
anderen dem Ostwinde frei ausgesetzten Plätzen hat man 17°—18° be 
obachtet. Das eingefallene Thauwetter wird zu unserer grossen Be 
ruhigung wieder von gelindem Frost unterbrochen, da wir sonst gewiss 
schon mit grosser und furchtbarer Wassersnoth zu kämpfen gehabt 
hätten. Die Weser, deren feste Eisdecke noch unerschüttert steht, ist 
wieder von 10| Fuss auf 9 Fuss gefallen. Erst wenn sie 14 bis 
16 Fuss hoch ist, pflegt unsere Gefahr anzufangen. 
Anliegend nehme ich mir die Erlaubniss, Ihnen einen Aufsatz von 
meinem jungen Freunde Klüver zu schicken, und um Ihr gütiges Ur- 
theil zu bitten. Er betrifft den Kometen, * 2 ) den Flaugergues allein 
beobachtet hat. Schon einmal hat sich, wie Sie sich vielleicht noch 
erinnern werden, Peters in Altona an Sie mit der Klage gewandt, 
dass er nichts aus den Beobb. von Flaugergues herausbringen könne. 
Ich veranlasste also Klüver zu einer neuen Untersuchung, wovon das 
9 Mit diesem Briefe wird die feste und schöne Handschrift Olbers’ unsicher 
und zitternd. Zu der Erkrankung Olbers’ siehe auch Brief No. 377 v. 6. März 1830 
im Briefwechsel Gauss-Schumacheb. Krm. 
2 ) Komet 1826 III. Vergl. auch Brief No. 608 vom 25. Fehr. 1827. Krm. 
Olbers. II, 2. 34
	        
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