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Olbers an Gauss. Bremen, 1834 September 9.
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dass mir einst Alexander v. Humboldt in einer Versammlung des
Instituts als eine eben erhaltene, ihn sehr begeisternde Neuigkeit mit
theilte: „Scheubler in Tübingen habe Versuche mit einer Magnetnadel
angestellt, die an beiden Enden einen Nordpol gehabt habe, wahr
scheinlich also eine aus 2 gewöhnlichen Magnetnadeln, die Südpole
gegen einander gekehrt, und diese Südpole durch eine kupferne Ver
bindung auseinander gehalten, komponirte und dann im Schwerpunkte
des Ganzen aufgehangene Nadel. Der Erfolg sei unter anderen ge
wesen, dass die täglichen Veränderungen der Dekl., statt einiger Mi
nuten, bei dieser komponirten Magnetnadel mehrere Grade 1 ) betragen
habe.“ — Ich habe nachher nie wieder etwas von diesem angeblichen
Versuche Scheubler’s gehört. Ist Ihnen das Nähere davon bekannt?
Verdient der Versuch Wiederholung?
In astronomicis giebt es, so viel ich weiss, wenig Neues. Die
Stelle 2 ) in Bogenhausen ist noch nicht wieder besetzt. In einer bei
der Jahresfeier der Akademie in München gehaltenen Bede hat Schel-
ling sehr nachdrücklich erklärt, dass sie durchaus nicht an einen
solchen Menschen, wie Gruithuisen, den er zwar nicht nennt, aber
sehr deutlich und sehr anzüglich bezeichnet, gegeben werden könne.
Gruithuisen ist darüber sehr erbost, hat aber klüglich seine Bewer
bung um die Stelle eines Direktors des Observatoriums aufgegeben
und sucht nur, den Gebrauch des vom Könige gekauften grossen Be-
fraktors in einem eigenen dazu erbauten Gebäude zu erhalten.
Santini hat die Wirkung des widerstehenden Aethers auf den
BiELA’schen Kometen nach den ENCKE’schen Formeln und Voraus
setzungen berechnet, und will nur 0,03 Tage für die Verfrühung des
Perihels gefunden haben, da die Beob. nach ihm 0,45, nach Nicolai
wenigstens 0,9 Tage giebt. Freilich muss die Wirkung des Wider
standes nach dem verschiedenen Volumen und der verschiedenen Dichtig
keit für beide Kometen verschieden sein, allein so viel dünner und so
viel voluminöser dürfen wir doch wohl den BiELA’schen Kometen nicht
voraussetzen, um einen so grossen Unterschied in dem Besultat auszu
gleichen. — Mir ist immer Encke’s Voraussetzung, dass die Dichtig
keit des widerstehenden Mittels im V eltraum umgehehrt wie das Qua
drat des Abstandes von der Sonne abnehme, sehr unwahrscheinlich vor
gekommen. Ich dächte, diese Dichtigkeit müsse vielmehr nach den
Ordinaten einer logarithmischen Linie abnehmen. Was halten Sie
davon, lieber Gauss?
9 Nach Olbebs Bd. II, 1 S. 509 statt 14' nur 1° 45'. Krm.
-J Vergl. auch Brief No. 458 vom 4. Sept. 1834 im Briefwechsel Gauss -Schu-
machek. Krm.