Gauss an Olbers. Göttingen, 1838 Januar 16.
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No. 708. Ganss an Olbers. 1 ) [335
Göttingen, 1838 Januar 16.
Es war mir angenehm, aus Ihrem letzten Briefe zn erfahren, dass
der meinige unversehrt in Ihre Hände gekommen sei. Ich weiss aber
nicht, ob ich von dem Ihrigen dasselbe sagen kann. Die Oblate hing
an der einen Fläche nur in wenigen Punkten mit dem Papiere zu
sammen, und an der anderen Fläche gar nicht. Ich konnte daher den
Brief öffnen, lesen und so wieder zumachen, dass er vollkommen wieder
in denselben Zustand kam, in dem er mir überbracht war. Auch zeigte
sich gar keine Spur eines Petschaft-Eindrucks. Ich muss nun aber
dahin gestellt sein lassen, ob alles dies nur eine Folge einer ur
sprünglich unvollkommenen Siegelung oder einer späteren Procedur
gewesen ist.
Der einzige Beweggrund zu Ewald’s am 4. Jan. angetretenen Reise
nach England ist gewesen, dass er seine jetzige unfreiwillige Müsse
benutzen wollte, um einen längst gehegten Vorsatz auszuführen, nämlich
einige Monate seiner Sanskrit-Studien halber sich in London aufzu
halten.
In Beziehung auf die Protestation 2 ), die so unglückliche Folgen
gehabt hat, scheinen Sie — wie vielleicht viele andere — in einem
Irrthum zu sein. Ich selbst hatte von der Bedeutung der eingereichten
Schrift erst sechs oder sieben Tage später, als sie in einer Zeitung ab
gedruckt erschien, nähere Kenntniss erhalten, wo es zu spät war, durch
Abrathen bei W[eber] und E[wald] zu hindern. Von zweien der sieben
weiss ich bestimmt, dass sie vom Anfang an den Huldigungsrevers als
ganz ausser Konnex mit ihren sonstigen Skrupeln betrachtet haben,
und sich der Unterschrift desselben, auch ohne Klausel, nicht geweigert
haben würden. Diese zwei sind Weber und Albrecht. Vermuthlich
würde auch Ewald sich überzeugt haben, dass er dies, ohne sein Ge
wissen zu verletzen, könne. Vermuthlich fragen Sie nun aber, mein
theurer Freund, wenn der Huldigungsrevers ausser Frage gewesen sei,
was sie denn eigentlich bei Eingabe der Protestation für einen Zweck
gehabt haben? Darauf kann ich aber nur antworten: — „ich sehe
selbst keinen Zweck dabei“. Wenigstens nicht bei Ewald-und Weber,
die gewiss gar keinen Zweck dabei hatten, und nur durch ihre Unter
schrift einer von ihnen wie eine Privateingabe beim Kuratorium be
trachteten Erklärung beitraten, weil sie es eben nicht lassen konnten.
J Der Brief ist ausnahmsweise in lateinischer Schrift geschrieben. Krm.
8 ) Verg'l. Anmerkung auf S. 660. Sch.