Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Gottingen, 1838 März 4. 
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Gesellschaft erfahre. Sie waren im Begriff, in einigen Tagen in einem 
Dampfschiff den Mississippi hinauf nach St. Louis zu gehen, von woher 
also vielleicht bald weitere Nachrichten eintreffen können. 
Wenn Sie vielleicht in Zeitungen gelesen haben, „dass ich jetzt 
entschlossen sei, in Göttingen zu bleiben“, so hat dies gerade ebenso 
viel Werth, wie das frühere von meinem Vorsatz, nach Paris zu gehen. 
Ueberhaupt rühren die meisten Zeitungsartikel aus G[öttingen] von hier 
wohlbekannten miserablen Subjekten her, die gar nicht in dem Fall 
sind, über dergleichen Verhältnisse auch nur das Allergeringste wissen 
zu können. 
Ich habe allerdings mehrere Einleitungen gemacht, um die viel 
fachen Bleigewichte, die hier an mir hängen, abheben zu können. Es 
gehörten dazu die Vorbereitungen, um das kleine Vermögen, welches 
ich theils zu administriren habe, theils mein Eigenthum nenne, mobili- 
siren zu können. Gelingt alles, wie ich mehr wünsche als hoffe, so 
werde ich binnen der nächsten 4—5 Monate über etwas mehr als 
15000 Rthlr. disponiren können, und vielleicht können Sie mir in dieser 
Beziehung guten Rath geben, da Sie doch wahrscheinlich oft in den 
Fall bedeutender Versuren kommen. Im Allgemeinen bin ich meiner 
seits nicht dafür, alles an einen Nagel zu hängen. Ich habe wohl an 
österreichische Bankaktien und russische Papiere gedacht. Sind Ihnen 
vielleicht die belgischen Fonds so wie die Brüsseler Bankaktien nach 
Ertrag und Sicherheit näher bekannt? 
Vorsorgen dieser Art sind unter jetzigen Umständen gewiss nicht 
unzeitig. Aber von einem bestimmten Vorsatz, Göttingen zu verlassen, 
ist jetzt noch ebenso wenig wie zu Anfang die Rede gewesen. Jeden 
falls wäre Paris der Ort, den ich zuletzt*) wählen würde. Ich habe 
seit dem unglücklichen 14. December an alles dies durchaus gar nicht 
gedacht, sondern meine Gedanken sind ausschliesslich dahin gerichtet 
gewesen, wie man das Unglück, theilweise wenigstens, redressiren könne. 
Im engsten Vertrauen kann ich Ihnen sagen, dass ich noch immer sehr 
grosse Hoffnung habe, Weber für Göttingen zu erhalten, und auch die 
gleiche Hoffnung in Beziehung auf Ewald noch nicht ganz aufgebe, 
obwohl bei letzterem die Entscheidung bald erfolgen müsste, wenn sie 
nicht zu spät kommen soll, da er eine wirkliche Vokation nach Tübingen 
erhalten hat. Das Inserat von Lektionen in dem Leipziger Katalog 
war schon vor längerer Zeit dahin geschickt, und ist jetzt in keinem 
Fall daran zu denken, dass Ewald dort als Privatdocent aufzutreten 
geneigt sein könnte. 
*) Ich sehe, dass diese Phrase wider meinen Willen zweideutig ist. Ich meine, 
dass ich fast an jedem anderen Orte lieber leben möchte als in Paris.
	        
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