Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Anhang 1. 
Es ist zu wichtig für uns, für den Staat, ich darf kühn hinzu- 
setzen, für das Wohl der Wissenschaft überhaupt, sicli zu überzeugen, 
ob noch irgend eine ferne oder nahe Aussicht sich eröffnen kann, Sie 
hier zu sehen. Werfen Sie daher dieses Blatt nicht unwillig bei Seite, 
wenn Sie sehen, dass es von jemanden kommt, der kein anderes Beeilt 
hat, Ihnen zu schreiben, als vielleicht das tiefe Gefühl, was ihn durch 
dringt, der grossen Wirksamkeit, welche Ihre hiesige Anwesenheit 
haben könnte, würde und müsste. 
Als man vor Jahren 1 ) Sie befragte, ob Sie geneigt sein könnten, 
Ihren Aufenthalt hierher zu versetzen, und Sie einer solchen Versetzung 
nicht günstig waren, glaubte man Sie so fest an Göttingen gebunden, 
dass man nicht leicht das Gelingen eines solchen Ereignisses nur für 
möglich gehalten haben würde. Da ward leider fast schon seit zwei 
Jahren * 2 ) versichert, so etwas sei doch wohl möglich, und General 
Müffling, der behauptete, mit Ihnen in genauen Verbindungen zu 
stehen, übernahm es für die hocherfreute Akademie, die dazu nöthigen 
Einleitungen zu treffen. Damals hatte die Akademie selbst nicht Mittel 
genug in Händen, um dies zu bewirken. Sie musste sich an den Mi 
nister wenden, und dieser, von der Wichtigkeit der Sache völlig über 
zeugt, versprach alles, was diese Angelegenheit nur befördern könnte, 
und versicherte der Akademie, dass er hoffe, mit dem General Müffling 
die Sache zu einem glücklichen Ausgang zu bringen. Dem Minister 
ist ein Zögern eigen, welches schon viele in Verzweiflung gesetzt hat. 
Statt mit beiden Händen zuzugreifen und das Ordnen des Etats bei 
so wichtiger Angelegenheit als Nebensache zurückzuschieben, ist dies 
dennoch nicht geschehen. Mit vielen unnöthigen Umschweifen ist es 
dem Könige vorgetragen worden, der verwundert geantwortet hat: 
„Glaubt denn der Minister mich so unwissend, dass ich Gauss nicht 
kennen sollte? Wozu solche Vorrede?“ 
Gott weiss, welche Anträge Ihnen gemacht sind. Die Akademie 
weiss davon nichts. — Sie mögen unanständig genug gewesen sein. 
Den grössten Tlieil des Jahres abwesend, habe ich keine Kenntniss 
vom Verlauf der ganzen Sache gehabt und bereue es jetzt bitter, 
meinen Weg von Frankfurt statt auf Gotha, nicht über Göttingen ge 
nommen zu haben. Es würde mir vielleicht gelungen sein, Ihnen manche 
Verhältnisse zu entwickeln, welche man in der Ferne nicht deutlich 
zu erkennen im Stande ist, — Bei meiner Zurückkunft ist das erste 
Wort, was ich höre, eine Mittheilung des Ministers an die Akademie, 
in welcher Sie alle Anträge jeder Art zurückweisen. 
Ü Im Jahre 1821, vergl. Briefe von Gauss an Olbers, vom 8. Juli 1821, No. 424, 
S. 118, und vom 5. Dec. 1821, No. 484, S. 144 in diesem Bande. Krm. 
2 ) Vergl. Brief von Gauss an Olbers vom 10. März 1823, No. 468, S. 284. Krm.
	        
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