Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Die bestürzte Akademie, nach so hoch errregten Hoffnungen, will 
sich von ihrem Unglück nicht überzeugen. Sie glaubt an Widerwärtig 
keiten, welche ihr nicht bekannt sind, an Befürchtungen, die unge 
gründet sein möchten, an \ ermeidung unangenehmer Verhältnisse, die 
gar nicht eintreten können. Sie giebt mir den Auftrag, Ihnen die 
ganze Lage der Sachen noch einmal vorzutragen, von denen Ihnen viel 
leicht manches unbekannt sein könnte, als ein Brief, den man im Ver 
trauen schreibt, und der eine vertrauliche Antwort erzeugen könnte. 
Die Akademie wünscht Sie in ihrer Mitte, weil sie glaubt, dass 
eine so freie Stellung, als ihre Mitglieder geniessen, kaum anderswo 
den Gelehrten geboten werden könne. Damals, als man Ihnen An 
träge zu machen beschloss, waren die Gehälter, über welche man dis- 
poniren konnte, nicht hinreichend, das hervorzubringen, was Sie ver 
langen mussten. Seitdem ist Prof. Wolf, der Philolog, in Marseille ge 
storben, und man glaubt nun, es möglich zu machen, ohne neue Fonds 
Ihnen alles zu bieten, was zum bequemen und guten Leben hier noth- 
wendig ist. Sollte man Ihnen von Anstalten geredet haben, polytech 
nische Institute und ähnliche Dinge, zu deren Direktion Sie berufen 
sein 'sollten, so hat die Akademie daran keinen Theil. Sie findet es 
unschicklich und glaubt die Erklärung nothwendig, dass Sie sich zu 
gar nichts verbinden, als Ihren Aufenthalt hierher zu versetzen. Keine 
Vorlesungen irgend einer Art, kein kollegialisches Verhältniss von Prä 
sident, Rath oder Minister. Sie sind frei, schalten mit Ihrer Zeit, wie 
es Ihnen gefällig ist, geben niemand darüber Rechenschaft, und nie 
mand hat auch das Recht, eine solche auch nur von fern zu ver 
langen. — Denn die Akademie ist ein völlig unabhängiges Institut, 
was unmittelbar unter dem König stellt, unmittelbar dem König referirt 
und nur durch Kabinetsordres Befehle erhält. Der Minister hat auf 
die Akademie gar keinen Einfluss, noch viel weniger ein General oder 
irgend ein anderes Kollegium. Die Akademie wählt ihre Mitglieder 
selbst und sucht die Bestätigung unmittelbar bei dem Könige, nicht 
durch den Minister, der höchstens aus Höflichkeit davon benachrichtigt 
wird. Die Akademie vertheilt die auf ihrem Etat stehenden Gehälter 
nach ihrem Gutdünken, der Minister darf das nicht; viel weniger würde 
er daher, wie etwa Corbieres in Paris, Gehälter streichen können. 
Was im Innern der Akademie vorgeht, wird dem Minister niemals be 
richtet, und jeder Versuch — denn wohin griffe ein Bureau nicht — 
auf irgend eine entfernte Art sich hineinzumischen, wird jederzeit, 
schiene er auch noch so unschuldig, abgeschlagen und verworfen. Eine 
solche Freiheit, solche Unabhängigkeit des Wirkens wäre Ihrer nicht 
unwerth, und das Herz blutet, wenn man bedenkt, dass [eine] so treff 
liche Lage nur von solchen benutzt werden soll, als sich jetzt darinnen
	        
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