Bessel an Olbers. Königsberg, 1812 März 26.
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mitgetheilt. Sie, lieber Olbers, bei dieser Gelegenheit wiederzusehen,
würde mir ein Hauptentscheidungsgrund gewesen sein; indess tliue ich
darauf keineswegs Verzicht, wenn nur erst Ruhe und Friede wieder
kehrt. Ihnen rechne die Astronomie es zu, dass sie hier einen neuen
prächtigen Tempel erhält.
Nun bin ich im Begriff, mich hier ganz einzubürgern, denn ich
sehe aus allem, dass man mich hier nicht fortlässt und selbst das un
möglich Scheinende möglich macht, um hier die Astronomie in Blüthe
zu bringen. Wundern darf es Sie aus diesem Grunde nicht, wenn ich
Ihnen anzeige, dass seit ein paar Tagen ein Ring meinen Finger schmückt,
mir gegeben von einem lieblichen, reizenden Mädchen, welches schon
längst der Gegenstand meiner Wünsche war, die ich nicht äussern
durfte, ehe ich sicher war, dass ihr Besitz der Erfüllung meiner anderen
Pflichten nicht entgegenwirkte. Jetzt aber bat ich den Vater um die
Tochter und erhielt sie gern. — Meine Braut, Theuerster, Verehrtester,
hat sich das Vergnügen nicht nehmen lassen wollen, sich Ihnen selbst
durch ein paar Zeilen bekannt zu machen, die ich Ihnen hier beilege;
was darin fehlt, ergänze ich gern, denn ich kann Ihnen sagen, dass
sie in jedem Betrachte liebenswürdig, jung, sittsam, schön, reich an
Verstand und Herz, und die Tochter eines hier sehr angesehenen und
geehrten Mannes, des Ihnen als Naturforscher und Chemiker wahr
scheinlich rühmlichst bekannten Medicinalraths Hagen ist. Da sie alle
Erfordernisse besitzt, die uns ein angenehmes, glückliches Leben be
reiten können, so mache ich auf Ihren Glückwunsch Anspruch, der
reiner und herzlicher mir von niemandem zu Theil werden wird.
Sehen Sie immer auf mich, lieber Olbers, wie ich es selbst thue; be
trachten Sie mich als einen Mann, der nur durch Sie glücklich geworden
ist, und der dieses in keinem Augenblicke seines Lebens vergessen
kann; der auch nicht vergessen wird, ivas ihm Ihre unschätzbare Liebe
erworben hat. Doch genug hiervon.
Ihren Brief vom 9. März 1 ) habe ich empfangen; Sie hoffentlich
dagegen einen von mir. * 2 ) Wie soll ich es Ihnen danken, dass Sie meine
Kreismikrometer-Abhandlung so aufmerksam gelesen haben? Ich war
überzeugt, noch manche Dinge vergessen zu haben, die aber nicht ver
gessen bleiben dürfen. Wollen Sie mir erlauben, in der M. C. einen
Nachtrag drucken lassen zu dürfen, oder werden Sie selbst es thun?
Wäre das erste der Fall, so würde ich gern von Ihnen hören, an wen
ich dieses Supplement nach Gotha zu adressiren habe. Es muss nichts
verloren gehen, was Ihnen Erfahrung und Nachdenken gegeben hat,
1) Brief No. 202 vom 9. März 1812 in Bd. I des Briefwechsels Olbers-Bessel. Krm.
2 ) Der vorhergehende Brief Bessel’s vom 7. März 1812. Krm.
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