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jener der Bierwürzen, weil man bei den erster« vorzüglich ans die Er
zielung des höchstmöglichsten Vergährungsgradeö hinwirkt.
Die Menge, in welcher sie bei der Gährnng der Branntweinmeischen
erzeugt wird, steht zur Menge des gebildeten Alkohols nach Versuchen
mit Branntwein-Meischwürzen in demselben Verhältnisie wie bei der
Gährnng der Bierwürzen, d. h. auf je 1 U Alkohol entstehen 0.11 u
neue Hefe im wasserfreien Zustande (bei 80° R. getrocknet); im nassen,
breiigen Zustande hält sie aber noch ihr fünf- bis sechsfaches Gewicht
der gegohrenen Flüssigkeit zurück. Ob das in den ungekochten Meischen
und Würzen enthaltene Albumin an der Bildung der neuen Hefe einen
Antheil hat, ist bis jetzt nicht ermittelt.
Bei der Gährnng der Kartoffelmeische wird ebensoviel neue Hefe
gebildet, als bei der der Getreidcmeische, alle übrige Umstände gleich
vorausgesetzt; es scheint jedoch in Ermangelung einer vergleichenden
Analyse die Ansicht gerechtfertigt, daß dieKartoffelmeischhefe eine andere
chemische Mischung besitzen, namentlich weniger Stickstoff enthalten
dürfte, als die Getreidemeischhefe, zu deren Bildung eine größere Menge
von Proteinkörpern mitconcurriren.
Zn der That zeigt auch die Kartoffelmeischhefe ein etwas anderes
Verhalten; sie wird nämlich leichter sauer und färbt sich an der Luft
dunkler. Zum Aufgehen des Mehlteiges, zur Gährnng von Brannt-
weinmeischen und Zuckerauflösnngen verwendet, besitzt sie eine gleiche
Wirksamkeit, und sie ist ebenso wie die Getreidemeischhefe zur Erzeu
gung von Preßhefe geeignet.
Liebig gibt in seiner Gährungstheorie an, daß sich bei der Gäh
rnng der Kartoffclbranntwein-Meische keine oder nur eine dem Malz-
zusatze entsprechende Menge Hefe bilde. Diese Ansicht ist durch die
Erfahrungen bei der Gährnng der Malz-Kartoffelstärkmehl-Würzen,
sie seien gekocht und zu Bier oder nicht gekocht und zur Branntwein-
erzeugung bestimmt, hinreichend widerlegt. Zn der That findet sich hierbei
in L i e b i g's Gährungstheorie ein Widerspruch, indem auch er die Hefen
bildung von der Alkoholbildnng abhängig macht, und doch glaubt, bei
der Gährnng der Kartoffelmeische entstehe keine (!) oder nur sehr we
nig (!) Hefe, während dabei doch so große Mengen von Alkohol erzeugt
werden.
Bei der Gährnng der dicken, mit den Hülsen des Malzes und dem
Zellenstoffe der Kartoffeln vermengten Meische ist die Hefenbildung aller
dings nicht wohl zu beobachten — auch bei der Gährnng der Getreide-
meischen ist dieß der Fall —, bei der Gährung der daraus gezogenen
Würzen aber läßt sich dieß sehr leicht auch augenfällig nachweisen.