Kunsthefe als (Nahrungsmittel, und Grund
sätze der KunsthefenbereLtnng.
Der Umstand, daß nicht überall und zu jeder Zeit Bier
oder Preßhefe in zureichender Menge und Güte zu beschaffen
ist, und die später erfolgte Erkenntniß, daß diese beiden Hefen-
arten nicht kräftig genug wirken, hat auf die Erzeugung der
Kunsthefe geführt, die allmälig verbessert und zu einem zuvor
nicht geahnten Grade von Vollkommenheit ausgebildet worden
ijt. Kittel, Hermbstädt und Pistorius, welcher Letz
tere sich überhaupt um die Branntweinbrennerei sehr verdient
gemacht, haben hierzu den ersten Anstoß gegeben, so wie neuerer
Zeit Dorn, Fischer, Jakobs, Livonius, Gumbinner
u. A. die KunsthefenbereLtnng mehr vervollkommnet haben. Es
ist natürlich, daß mit einem so wichtigen, auf die zu erzielenden
Ausbeuten so einflußreichen Gegenstände viel Geheimnißkrämerei
getrieben und eine Masse von versiegelten Recepten um theures
Geld feilgeboten wurde; es ist aber auch ebenso gewiß, daß
die Hefe allein und ohne ein rationelles Einmeischverfahren ic.
zu beobachten, die guten Erfolge noch nicht verbürgt. Hier
handelt es sich nicht darum, Recepte zur Kuusthefenbereitung
nach Anleitung ihrer Erfinder oder Verbesserer mitzutheilen,
sondern vielmehr die Grundsätze festzustellen, ans welchen ihre
Erzeugung beruht, so daß sich in Folge dessen ein Jeder in der
Lage befinden wird, eine solche zu Bereiten, die Bereitung zu
modificiren und hiernach endlich zu dem gewünschten guten Er
folge zu gelangen.
Die einfachste Methode, ohne Anwendung von Bier- oder
Preßhefe die Branntweinmeische in Gährung zu bringen, ist
wohl die, daß man zur Zeit, wo eine früher gestellte Meische
schon in voller Hefengährung (dritte Gährungsperiode) ist,
einen Theil der dicken Meische von Oben, wohin die neu ge
bildete Hefe aufgetrieben worden, abschöpft und mit einem
Theile der bereits die Zuckerbildung vollendeten Meische, die
man ans irgend eine Art möglichst schnell bis etwa 15° R. ab
gekühlt hat, in einem reinen geräumigen Holzgefäße vermischt,
worin nun die Gährung kräftig beginnt und einige Stunden
andauert, worauf, wenn dann die Hauptmeische abgekühlt ist
und in den Gährbottich gebracht werden soll, diese gährende
Hefenmeische der Hauptmeische entweder sogleich beim Einbrin
gen in den Gährbottich oder erst nachdem die Zukühlung der-