498
Derjenige, welcher eine richtige Kenntniß von der Natur
der Hefe so wie von ihrer Bildungsweise hat, wird sich durch
derlei Schriften nicht täuschen lassen und diese Recepte aus
dem richtigen Gesichtspuncte zu beurtheilen wissen. So hat
kürzlich ein derlei Recept die Runde durch alle technische Jour
nale gemacht, und lehrte doch nichts Anderes, als aus Malz-
und Getreideschrot eine Würze bereiten, diese mit etwas Bier
hefe in Gährung versetzen und die neu gebildete Hefe verwen
den. Von ähnlicher Art sind die versiegelten kostbaren Hefen-
recepte von Schulz. Aber immer noch gibt es Personen, die
sich unter Kunsthefe oder künstlicher Hefe etwas ganz Besonderes
denken und das Einfache, was an der ganzen Sache ist, eben
der Einfachheit wegen gar nicht zu fassen vermögen.
Nur aus in wirklicher Auflösung vorhandenen, dazu
geeigneten Substanzen wird durch den Gährproceß wirk
liche Hefe gebildet; nur aus einer solchen Lösung bei der
geistigen Gährung ausgeschiedene Hefe ist das kräftigste Ferment,
und deßhalb wird nur von der Erzeugung einer solchen gehan
delt werden. Es gibt sehr viele Vorschriften und Recepte zur
Erzeugung von Bäckerhefe, wobei Zuthaten von kleberhaltigem
Mehl, Bohnenmehl, Weizenmehl u. dgl. gerühmt werden; allein
diese Zusätze tragen zur Hefenbildung fast nichts bei; sie ver
mehren meist blos die Masse, ohne die gährungserregende Kraft
wesentlich zu verstärken, daher denn auch alle diese Methoden in der
Praxis keinen Eingang gefunden haben und finden konnten.
Wo die Bierbrauerei in schwunghaftem Betriebe ist und
das ganze Jahr hindurch gleichmäßig ausgeübt wird, ist wohl
keine Noth an Hefe, weil immer frische Bierhefe zu haben ist;
aber eben die Bierhefe ist wegen ihres Gehaltes an Hopfenharz
sebr bitter, im dünnen Zustande nicht lange aufzubewahren,
noch weniger leicht zu versenden und in den Handel zu brin
gen. Für den letztern Zweck ist es nothwendig, die Hefe in
einen Zustand zu versetzen, in welchem sie sich nicht nur län
gere Zeit ohne nachtheilige Veränderung erhält, sondern auch
bequem verpacken und versenden läßt, und dieß ist die übliche
Form als sogenannte Pfund- oder Preßhefe (weil sie ge
preßt und in Pfuudpacketen verkauft wird) und als Hefen
pulver. Da jedoch an Bierhefe nicht nur zu wenig erzeugt,
sondern diese auch wegen ihres Hopfenharzbittern Geschmacks
weniger gesucht wird, so strebt man darnach, diese Hefe aus