99
und nach der Gährung sei die Eigenthümlichkeit des Weins
bedingt. Nach dem Ablagern könne sie hinweggenommen wer
den. Er schlägt dazu, wenn die Säure wenigstens zum Thei
Weinsäure ist, einen Zusatz von neutralem weinsaurem Kali vor,
welches sich mit der freien Weinsäure zu Weinstein verbindet,
der sich ans dem Wein niederschlägt. Die Größe des Zusatzes
müsse durch einen Vorversuch ermittelt werden. Auf 2 Litres
(1 3 / 2 Wiener Maß) alten Rheinwein wandte Liebig mit Er
folg 7 Grammen des genannten Salzes an. (Dessen Annalen
Bd. 65. S. 352).
In der 1. Auflage des vorliegenden Werkes Bd. 1. S. 295
1845 habe ich bei der Betrachtung der Mittel, durch welche
man dem Weine einen Antheil des zu großen Säuregehaltes
entziehen kann, im vorletzten Absatz angegeben, daß die Anwen
dung des kohlensauren Kali hiezu den Vortheil hätte, daß in
sofern die freie Pflanzensäure Weinsteinsäure ist, bei einem
mäßigen Zusatz desselben Weinstein gebildet und beim Lagern
des Weins abgeschieden würde.
Es ist dieß dasselbe, was Liebig durch den Zusatz des
einfach weinsauren Kali bezwecken will. Mehr von diesen Kali
salzen, als zur Bildung von Weinstein mit der vorhandenen
freien Weinsteinsäure nothwendig ist, darf man aber nicht zu
setzen, weil sonst die übrigen vorhandenen freien Pflanzensäuren,
namentlich Essigsäure, aus dem zugesetzten einfach Weinsäuren
Kali einen Theil Kali aufnehmen, indem sie daraus ebenfalls
Weinstein niederschlagen. Dadurch würde an Stelle der Essig
säure vielmehr essigsaures Kali in den Wein gebracht, und der
Wein dadurch nicht besser. Dr. Ure erhielt ans dem essig
sauren Destillate von Wein auf Zusatz von einfachem weinsau
rem Kali einen Niederschlag von Weinstein, während die rück
ständige Flüssigkeit von der Destillation damit keinen Nieder
schlag gab. (Journal de Chimie medicale, Avril 1848. pag. 181.)
Bei auf diese Art vorgenommener theilweiser Entsäuerung
einer größeren Menge Österreicher Wein (10 Maß) erhielt ich
ein Product, welches von dem ursprünglichen Wein sehr ver
schieden war und seinen Charakter ganz verloren hatte.
Man muß deßhalb bei Anwendung dieses Verfahrens mit
großer Vorsicht vorgehen.
Dr. Gall empfiehlt in seiner vorne genannten Schrift
(S. 279 3. Aust.) die Veredlung saurer Weine ohne Entziebung
7*