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leicht kahmig wird. Mit einem gleichen Gewichte Stärkezucker
lösung von 20 pCt. Gehalt versetzt, geht die Vergährung ziem
lich gut von Statten, und man erhält einen etwas sauren, nach
Himbeeren schmeckenden, mild geistigen Wein.
Die besten Beerenweine soll man von schwarzen Johannis
beeren (Kibes nigrum) und von den Beeren des Faulbaums
(Prunus Padus) erhalten. Wein. aus Fliederbeeren darzustellen,
soll nach Bley schwierig sein, weil der Saft von dem herben
Geschmack nicht zu befreien ist und bei der Gährung leicht ver
dirbt. Diese und andere Obst- und Beerenweine darzustellen
habe ich nicht versucht.
Im Allgemeinen kann man aus dem über die Obst- und
Beerenweine Angeführten folgende Regeln für deren Erzeugung
ableiten:
1) Die Obst- und Beerensäfte enthalten selten so viel
Zucker, daß aus ihnen unmittelbar ein geistiger und haltbarerer
Wein erzeugt werden könnte, und wenn sie auch eine größere
Concentration besitzen, so enthalten sie bedeutend mehr Neben-
bestandtheile als der Weinmost und weniger Zucker, so daß sie
keiner so bedeutenden Vergährung fähig sind.
2) Aus diesem Grunde muß man jenen Säften meistens
mehr oder weniger Zucker zusetzen, um ihren Zuckergehalt ent
sprechend zu erhöhen und eine größere Vergährungsfähigkeit
derselben zu erzielen. Der Wein wird dadurch alkoholreicher
und haltbarer.
3) Diesen Zusatz von Zucker kann man auf zweierlei Art
machen, nämlich auf die erste Art, indem man den Zucker unmittelbar
im Safte auflöst, und auf die zweite Art, indem man dem Safte eine
concentrirte Auflösung des Zuckers beimischt. Das letztere Ver
fahren ist allemal da vorzuziehen, wo es sich darum handelt,
den größern Säuregehalt des Saftes auf eine größere Menge
Flüssigkeit zu vertheilen und dadurch in derselben relativ zu
verkleiuern. Es dient auch bei hinreichend concentrirtem Safte
(Weichsel- und Zwetschkensaft), welcher viel Schleim oder Pflan
zengallerte enthält, um seine Vergährbarkeit zu vermehren.
Gemeiner Zucker, besser aber abgepreßter Stärkezucker ist dazu
anwendbar.
4) Die Gährung erfolgt durch Wirkung des in den Säf
ten enthaltenen natürlichen Ferments. Sollte der versüßte
Saft aus Mangel an Ferment nicht hinreichend vollkommen