153
in Bezug auf ihre Zusammensetzung erst einer nähern Betrach
tung zu unterziehen, der jedoch die Erklärung des chemischen
Processes der Umwandlung des Alkohols in Essigsäure vor
ausgesendet werden muß.
Der chemische Proceß der Umwandlung des
Alkohols in Cssigsäure.
Diese Umwandlung wurde bis vor Kurzem noch zu den
eigentlichen Gährprocessen gezählt, worunter man im Allgemei
nen jene Zersetzungen von zusammengesetzten organischen Kör
pern versteht, wobei sich ihre Bestandtheile in Verhältnissen
ordnen und neue Verbindungen liefern, die vordem nicht vor
handen waren, ohne daß die atmosphärische Luft mit ihrem
Sauerstoffgehalte wesentlichen Antheil daran nehmen muß. So
entstehen aus dem Zucker durch den Gährproceß Alkohol und
kohlensaures Gas; aus stickstoffhaltenden organischen Körpern
entsteht durch die faulige Gährung Ammoniak.
Die Umwandlung des Alkohols in Essigsäure geht aber
nur unter Mitwirkung des Sauerstoffes vor sich, und obwohl
wir neuerer Zeit Mittel und Wege kennen gelernt haben, die
selbe durch gewisse hochoxydirte Körper zu bewirken, z. B. mit
telst Braunstein, nach Rogers mittelst Chromsäure aus dop
pelt chromsaurem Kali durch Schwefelsäure ausgeschieden
(Dingler's polyt. Journal, Bd. 103., S. 158), so ist es
doch allein der atmosphärische Sauerstoff, welcher im Großen
bei diesem Processe dazu verwendet wird und mit ökonomischem
Vortheile dazu benützt werden kann.
In diesem Anbetrachte ist die Umwandlung des Alkohols
in Essigsäure ein Oxydationsproceß, die gewöhnliche Essigbil
dung ist nach Liebig eine Verwesung des Alkohols, bedingt
durch die Berührung alkoholhaltiger Flüssigkeiten mii der at
mosphärischen Luft unter den dazu günstigen Umständen.
Bei dieser Oxydation des Alkohols während seines Über
ganges in Essigsäure entstehen mehre Zwischenproducte, welche
— früherer Zeit nicht beachtet — neuerer Zeit darzustellen ge
lehrt wurden, und durch die Erkenntniß ihrer Zusammensetzung
sowohl als ihrer Eigenschaften dazu beigetragen haben, diesen
Proceß in's klare Licht zu stellen.