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Daß bei diesem Verfahren die Luft in den abgezogenen
Gradirfässern eine gewisse Zeit verharren müsse, um ihre Wir
kung auf das den Weinkämmen anhängende Essiggut üben zu
können, ist erklärlich ; warum aber die Gradirfässer auch ebenso
lange gefüllt bleiben sollen, ist nicht einzusehen, da durch die
Auffüllung derselben doch im Wesentlichen nichts Anderes, als
bloß ein Abschweifen und Extrahiren der den Kämmen anhän
genden und in sie eingedrungenen sauren Flüssigkeit bezweckt wird.
Von einer hiedurch angezeigten Verbesserung dieses Ver
fahrens wird später die Rede sein. Statt der Weinkämme kann
man hier mit Vortheil weiche Holzkohlen anwenden, besonders
wenn das Essiggut verdünnter Brantwein ist. ,
Die Schnetlessigfabrication.
Man nennt Schütze nbach als den Erfinder, Wagemann
als den Verbesserer der Schnellessigfabrication; indessen haben
Boerhave, Döbereiner und Kästner durch ihre Untersu
chungen, Forschungen und verbesserten Methoden den Grund
dazu gelegt und Hermbstädt hat dieselbe Zuerst bekannt ge
macht. Das wesentlichste Princip, worauf diese Methode der
Esfigerzeugung beruht, ist, die in Essig umzuwandelnde alkohol-
» haltige Flüssigkeit mit der atmosphärischen Luft bei geeigneter
Temperatur in die möglich größte Berührung zu bringen, wozu
eigens construirte und vorgerichtete Gefäße (Essigbilder) er
fordert werden, von denen man je nach der Stärke des zu er
zeugenden Essigs zwei, drei bis vier bedarf, die zusammen wieder
eine Gruppe bilden. Vorerst ist es demnach nothwendig, die
Einrichtung der Essigbilder näher kennen zu lernen.
Der Essigbilder ist ein oben etwas weiteres Faß von Eichen
holz oder auch von anderer Holzart, nach der Größe der Fa-
brication von verschiedenem Rauminhalte, von 3 bis 11 Fuß
Durchmesser, dann 6 bis 12 Fuß Höhe. In der Essigstube
werden die Essigbilder auf Kantner so hoch gestellt, daß man
die darin befindliche Flüssigkeit mit einem Hahn abziehen kann;
sie können aber auch staffelförmig über einander aufgestellt
werden, so daß das Essiggut von selbst stetig von einem Essig-