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Biere haben wir noch sehr unvollkommene Kenntnisse, welche
selbst Vrancken mit seiner Preischrift, die sich vornehmlich über
Localeinflüsse auf die Beschaffenheit der Biere verbreitet, nicht
wesentlich vermehrt hat; denn wir erfahren daraus wohl, aus
welchen Materialien in jeder wichtigem Stadt Belgiens Bier er
zeugt und wie im Allgemeinen bei der Bereitung der Würze,
beim Würzekochen und beim Gähren verfahren wird, allein
welchen Extractgehalt die Würze zu jeder Biersorte hat, wie
weit die Biere bei der Hauptgährung und bei der Nachgährung
vergähren und welche Mischung sie demzufolge besitzen, das er
fahren wir in dieser Schrift nicht, und doch würde uns dies
über die eigenthümliche Beschaffenheit dieser Biere den wesent
lichen Aufschluss geben.
Hier haben wir vorzüglich nur die Selbstgährung zu be
trachten, welche zur Erzeugung einiger belgischer Localbiere
angewendet wird. Die Würzen aus Gerstemnalz und rohem Ge
treide erzeugt, scheinen vorzüglich geneigt zu sein, in Selbst
gährung zu übergehen — eine Eigenschaft, welche den Malz
würzen sowohl als den Malz-Kartoffelstärkmehl-Würzen nicht in
gleichem Maasse zukommt. Es scheint die eigenthümliche Be
schaffenheit des Klebers (Mucins) aus dem angewendeten rohen
Getreide (Weizen) zu sein, welchem diese Eigenschaft, die
Würzen in Selbstgährung zu bringen, in höherem Grade zu-
kommt, als dem Diastas im Gerstenmalze. Ungekochte Würzen
gehen leichter in Selbstgährung über als gekochte, weshalb man,
um den Eintritt dieser Gährung zu befördern, der gekochten
Würze einen Theil ungekochter zusetzt.
Die dazu bestimmten Malzgetreide würzen werden zu dem
Behufe in Fässer gefüllt und in den kühlen Keller gebracht.
Die Gährung tritt nur sehr langsam ein; es wird etwas Schaum
durch das offene Spundloch ausgestossen, welcher aber keine
Oberhefe ist, sondern zu Würze zerfiiesst; die währenddes
Gährungsverlaufes neu gebildete Hefe sondert sich am Boden des
Gefässes ab, die Selbstgährung ist eine Untergährung. Ueber
diese Gährungsweise habe ich bis jetzt blos einen einzigen
Versuch gemacht, weil sie bei uns nicht gebräuchlich ist, und
kann daher darüber aus eigener Erfahrung noch wenig mitthei
len; aber so viel ist darnach gewiss, dass die Vergährung ebenso
vollkommen erfolgt, als bei Zusatz von Hefe, und noch voll-