Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und praktisch dargestellt (2. Band)

freier Phosphorsäure ist gewiss nicht ohne Bedeutung beim Ge 
nüsse und bei der Verdauung desselben, und es kömmt densel 
ben ohne Zweifel dieselbe Rolle dabei zu, welche dem Brode und 
den aus Getreidemehl überhaupt zubereiteten Nahrungsmitteln bei 
der Ernährung zugewiesen ist. 
Was den Unterschied zwischen den durch Ober- und Unter- 
gährung erzeugten Bieren betrifft, so muss man dabei unter Vor 
aussetzung sonst gleicher Umstände berücksichtigen, dass die 
Obergährung bei höherer Temperatur als die Untergährung vor 
genommen wird, und dies hat zur Folge: 
a) dass bei ersterer die Temperatur wegen des raschem 
Gährungsverlaufes höher steigt; 
b) dass sich dabei deshalb mit dem entweichenden kohlen 
sauren Gase mehr Alkohol verflüchtigt, und 
c) wegen der höhern Temperatur mehr Veranlassung zum 
Sauerwerden geboten und dadurch schon der Keim zum frühem 
Verderben in das Bier gelegt wird. 
Die Untergährung wird bei niedrigerer Temperatur vorge- 
nommen; sie verläuft langsamer, die Temperatur des gährenden 
Biers steigt dabei unbedeutend, es wird weniger Alkohol ver 
flüchtigt, die Essigbildung wird besser gehindert, es bleibt mehr 
Hopfenharz im Biere; daher ist Oberhefenbier, aus gleicher 
Würze erzeugt, bei gleichem Vergährungsgrade etwas schwächer 
und weniger piquant, auch noch aus dem weitem Grunde, weil 
mit der Oberhefe ein grösserer Theil Hopfenharz aus dem Biere 
entfernt wird, was bei der Unterliefe nicht so der Fall ist, indem 
sie viel weniger bitter schmeckt. 
Deshalb nähert sich das Oberhefenbier, bei möglichst nie 
driger Gährungstemperatur erzeugt (England, Belgien), dem Un 
terhefenbiere am meisten, weil dabei nebst Anderem auch mehr 
süsse Bodenhefe und weniger bittere Oberhefe gebildet wird. 
Diese Umstände sind mit Ursache der grösseren Haltbarkeit 
der untergährigen Biere. 
Uebrigens sind beiderlei Biere von einander nicht so sehr 
verschieden, dass sich bei ihrer Gährung verschiedene Attenua 
tionsverhältnisse zeigen möchten; im Gegentheil stellen sich da 
bei dieselben Zahlenverhältnisse heraus. 
Bei der Untergährung entwickelt sich das kohlensaure Gas 
langsamer und in kleinern Bläschen: das Hopfenharz wird da
	        
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