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vielfach grössere Zahlen sind. Im Biere ist dagegen der Kleber
im aufgelöseten Zustande' enthalten, und darnach anzunehmen,
dass er vollständig assimilirbar sei. Wenn man jedoch Ansich
ten wieder Ansichten entgegengesetzt, so gelangt man dadurch
zwar zur besseren Anschauung, es wird aber damit Nichts be
wiesen. Es gibt jedoch noch andere Gründe, welche für einen
grossem Gehalt des Biers an Eiweissstoffen sprechen. Die vor
stehenden Angaben beziehen sich nämlich vorzüglich auf die lange
abgelagerten und deshalb gut vergohrenen baierischen Biere. Nun
aber gibt es minder gut vergohrene Biere, von welchen die täg
liche Erfahrung zeigt, dass sie sehr sättigen, den Appetit vermin
dern, den Magen übermässig anfüllen, und dadurch zur Trägheit
disponiren. Wegen ihres geringeren Vergällrungsgrades wurde
bei ihrer Gährung weniger Hefe ausgeschieden, es bleibt mehr
Kleber in dem Biere zurück. Ein solches Bier könnte z. B.
bei gleich starkem Genüsse in einem Jahre eben so nähren
wie 100 U oder 150 Brot. — Je besser ein Bier vergohren
ist, desto mehr Eiweissstoffe werden dabei aus demselben in
Form von Hefe ausgeschieden, desto mehr verliert das Bier an
seiner Nahrhaftigkeit, weil die Ausscheidung der Hefe mit der
Zersetzung des Zuckers gleichen Schritt hält. Allein diese ist
selbst in den am meisten abgelegenen baierischen Bieren noch
keineswegs erschöpft, denn sie sind noch einer weitern Vergäli-
rung fähig, wobei aus denselben fortwährend Hefe zur Ausschei
dung kommt, die aus Eiweissstoffen gebildet wird, welche noch
in dem Biere enthalten gewesen sein mussten.
Die baierischen Biere, im Mittel aus einer Würze von
12 pCt. Extractgehalt erzeugt, zeigen nach gehörigem Ablagern
durch 5—8 Monate noch 2—3 Grade am Saccharimeter, oder
einen scheinbaren Vergährungsgrad von 0.75—0.83. Sie können
aber noch bis 1 oder 0 Grad Anzeige am Saccharimeter vergäh-
rcn und setzen dabei fortwährend neu gebildete Hefe ab. Das
Materiale zu dieser Hefenbildung — die Eiweissstoffe — mussten
daher doch wohl noch in dem Biere enthalten gewesen sein, und
daraus geht mit Bestimmtheit hervor, dass es sich bei den
Bieren niemals um gänzliche Ernährungs-Unfähigkeit , sondern
blos um eine grössere oder geringere Nährfähigkeit derselben
handeln kann, worauf allein der Vergährungsgrad Einfluss
nimmt, den das Bier vor dem Genüsse erlitten hat, dann dass