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der Alkoholgehalt der geschätztesten Weine durchaus nicht im
Verhältnisse zu ihrem Handelswerth stehe, so dass der Alkohol
gehalt zwar ein Factor zur Werthbestimmung, aber nicht
der einzige entscheidende Factor sei. Aus der Einsicht in
die vorstehende Tabelle falle ferner sogleich in die Augen, dass
die edelsten Weine eine weit grössere Menge von festen Sub
stanzen gelöset enthalten, als wie geringere Sorten, ja dass das
Gewicht des Rückstandes, den diese Weine nach dem Verdam
pfen hinterlassen, einen weit sichereren Anhaltspunkt zur Beur-
theilung ihres Handelswerthes abgäbe, als wie die Alkoholbe
stimmung; diese Substanzen seien es, welche die Säure im Wein
verhüllen und ihr die Schärfe im Geschmack nehmen; sie geben
dem Weine die dickliche, markige, ölige Beschaffenheit.
Dazu finde ich nun Folgendes zu bemerken:
Es dürfte wohl unbedenklich zugegeben werden können,
dass der Extractgehalt des Weines, d. i. die Menge des Rück
standes, welche er nach dem Abdampfen zurücklässt, auch einen
von den Factoren bilde, nach welchen die Güte des Weins be-
urtheilt werden muss. Allein die vorstehenden Resultate von
Weinanalysen scheinen mir, nach meiner individuellen Ueberzeu-
gung nicht ganz dazu geeignet, um auf dieselben die vorbemerkten
Schlüsse bauen, und die Ordnung derselben unter einander mit
Sicherheit feststellen zu können.
Wenn man nämlich mit den Attenuationsgesetzen vertraut
ist, so muss ein Blick in die vorstehende Tabelle genügen, zu
zeigen, dass die Zahlen derselben mit einander nicht im Ein
klänge stehen, d. h. dass sie den bemerkten Gesetzen nicht oder
auch nur näherungsweise entsprechen. Ich muss sie deshalb
zum Theil für unmöglich halten.
So hat der Wein Nr. 1 eine specifische Schwere von 1.0025
= 0.625 Grad Saccharimeter-Anzeige bei einem Alkoholgehalte
von 10.87 Procent. Der trockene Rückstand (Extract) betrug
9.94 pCt. Sind aber erstere beide Zahlen richtig bestimmt, so
kann nach den Attenuationsgesetzen der Gehalt an Extract blos
5.00 pCt., mithin nahe nur die Hälfte betragen haben. V 7 äre
dagegen der Gehalt an Extract und die specifische Schwere
richtig bestimmt, so müsste der Alkoholgehalt statt 10.87 viel
mehr 23.1 pCt. ausmachen, und wären Alkohol- und Extractge-