107
Weingährung ist schon vorne bei der Betrachtung der chemi
schen Erscheinungen, welche die Weingährung begleiten, ge
sprochen worden.
Verfälschungen und Untersuchungen der Weine.
Die bei den Weinen vorkommenden Verfälschungen lassen
sich der bequemeren Uebersicht wegen in mehrere Abtheilungen
bringen, und zwar:
1) In solche, welche eine künstliche Färbung derselben be
zwecken. Von diesen war schon bei der Betrachtung der Farbe
der Weine die Rede.
2) In solche, welche bezwecken, dieselben durch Zusatz von
Branntwein oder Weingeist alkoholreicher zu machen. In den
Weinländern wendet man dazu Weinbranntweiu an. Es wurde
bereits erwähnt, dass die portugiesischen und spanischen Weine
durchgehends mit Branntwein versetzt werden (Ginjal), was
schon ihr unnatürlich grosser Alkoholgehalt beweist. Dieser
Zusatz lässt sich durch kein chemisches Reagens nachweisen; ein
zu grosser Alkoholgehalt über 12 pCt. deutet ihn an. Geübte
Weinschmecker erkennen diesen Zusatz durch den Geruch und
Geschmack, weil der zugesetzte Alkohol sich mit dem Weine
nicht so innig verbindet, als der durch den Gährproeess gebil
dete darin gewissermaassen in chemischer Verbindung enthalten
ist. Auch verschwindet das dem Weine eigenthümliche Aroma
durch den nun hervorstechenden Weingeistgeruch.
3) In Verfälschungen, wobei eine schlechtere Sorte mit
einer besseren gemischt, oder ein schlechterer Wein auf das
Weinlager eines besseren abgezogen wird, um ihm den Geschmack
und Geruch des besseren zu geben und ihn dadurch um einen
höheren Preis anzubringen. Dies ist mehr eine Täuschung und
nur von geübten Weinkennern durch den Geschmack zu ent
decken. Der Gesundheit beim Genüsse kann dies nicht schaden.
4) In Verfälschungen, welche bezwecken, den Weinen mehr
Süssigkeit zu geben oder sie den Ausbruchweinen ähnlich zu
machen. Man löst reinen Zucker, geklärten Zuckersyrup, auch
gebrannten (karamelisirten) Zucker oder Stärkmehlzucker in den
Weinen auf. Erstere Zusätze wären wohl nachzuweisen, weniger