Zu technischen Zwecken kann der Essig entweder unmittel
bar verwendet, oder es muss zuvor die Essigsäure aus dem
selben durch Destillation geschieden werden.
Die Essigfabrikation beschäftigt sich demnach mit der Er
zeugung des Essigs aus durch die geistige Gährung oder Destil
lation gewonnenen alkoholhaltigen Flüssigkeiten in mehr oder
minder reinem und mehr oder minder concentrirtem Zustande,
wie er Gegenstand des Genusses, der technischen Verwendung
und des Handels ist, und es bleibt hiervon ausgeschlossen die
Gewinnung des Essigs durch die trockene Destillation der stick
stofffreien Pflanzenkörper, namentlich des Holzes, mithin die
Holzessigerzeugung, welche einem anderen Fabrikationsprocesse
angehört.
Die Materialien, aus welchen Essig erzeugt wird und er
zeugt werden kann, sind alle diejenigen, aus welchen man Wein,
Bier, Branntwein und Hefe zu gewinnen vermag, nebst mehre
ren Abfällen, die bei Gewinnung derselben erhalten werden, als
z. B. der Essigwürze bei der Biererzeugung, der Weintrester
bei der Weinerzeugung. Je nachdem die Materialien, aus wel
chen der Essig dargestellt worden, verschieden waren, erhält
derselbe verschiedene Eigenschaften in Betreff seines Geruches
und Geschmacks, und darnach auch verschiedene Namen, als:
Weinessig, Bieressig, Getreide- oder Fruchtessig, Obst- oder
Cideressig, Honigessig, Branntweinessig &c.
Die Essigfabrikation zerfällt demnach im Allgemeinen in
zwei Hauptabtheilungen; als:
1. in die Erzeugung einer alkoholhaltigen Flüssigkeit, und
2. in die Umwandlung jener in Essig.
Ist die erstere schon vorhanden, z. B. Wein, Branntwein,
so bleibt nur noch der letztere Process auszuführen übrig.
Die wesentlichsten Bestandtheile des Essigs sind Essigsäure
und Wasser in mannichfaltigen Mengenverhältnissen; nebst die
sen enthält er, je nach seiner Bereitung aus verschiedenen Ma
terialien, oft noch einige nicht flüchtige Nebenbestandtheile, als
Gummi, Zucker, Salze, Eiweissstoffe, unveränderten Alkohol &c.,
welche ihm Eigenthüinlichkeiten in Farbe, Geruch und Ge
schmack ertheilen und so eine Verschiedenheit desselben be
gründen, je nachdem er aus dieser oder jener alkoholhaltigen
Flüssigkeit dargestellt worden war.