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erzeugung besonders auch aufgebesserte oder künstliche Trau
ben-, dann Obst- und Beerenweine eignen, weil bei ihnen durch
den Zusatz und die Mitanwendung des Stärkmehlzuckers, welcher
darin durch das enthaltende natürliche Ferment mit vergohren
wurde, der Alkoholgehalt bedeutend erhöht worden ist, und
sie nun einen stärkeren Essig, oder bei erfolgender Verdünnung
bedeutend mehr Essig zu liefern im Stande sind.
Von den Stärkmehl enthaltenden Materialien eignen sich
gemalzte Gerste, ferner rohe Gerste, Weizen, Hafer, Mais und
da, wo er wohlfeil zu haben, auch Reis, dann die Kartoffeln in
Form von daraus bereitetem Mehl oder Stärkmehl zur Essiger
zeugung am besten; die Rübenzuckermelasse wäre dazu wohl
auch verwendbar, allein sie enthält sehr viel Salze und fremd
artige Stoffe, welche theils die Essigbildung hindern, theils dem
erzeugten Essig einen derartig unangenehmen Geschmack er-
theilen, dass er als Genussmittel nicht gebraucht werden kann
und höchstens zu technischer Verwendung geeignet wäre.
Reine Zuckerarten, Rohrzucker, Rübenzucker, Stärkmehl
zucker , dazu allein angewendet, kommen bei uns etwas zu
theuer, und süsse zuckerhaltige Baumsäfte, wie Ahornsaft, Bir
kensaft, geben wegen ihres nur geringen Zuckergehaltes einen
zu schwachen Essig.
Eines der vorzüglichsten Materialien zur Essigerzeugung
ist aber gegenwärtig der Branntwein oder Weingeist, wie er ent
weder selbst erzeugt oder durch den Handel bezogen wird.
Einer Reinigung durch Rectification oder Entfuselung wird er
dazu in der Regel nicht unterworfen, nur muss er zu einem an
gemessenen Grade hierfür verdünnt werden.
Die Erzeugung von Essig aus rohen, Stärkmehl enthaltenden
Materialien ist ohne Mitanwendung von Gerstenmalz, welches
jedoch bei dem reinen Stärkmehl auch durch Schwefelsäure er
setzt werden kann, nicht ausführbar. Wie die Gerste zu malzen,
das muss hier ebenfalls als bekannt vorausgesetzt, und kann
auch im I. Theil dieses Werkes S. 325 nachgesehen werden;
die übrigen Getreidearten kann man alle im rohen Zustande
mit anwenden und ist ihre vorherige Mälzung nicht nothwendig.
Das Gerstenmalz muss auch liier mehr als gewöhnlich gekeimt
haben, weil seine Wirkung auf die rohen Getreidearten oder
auf das Kartoffelstärkmehl dann nicht nur eine kräftigere ist,
BalHng’s Gährungschemie. IV, 12