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kann. Auch bleibt jedesmal der untere Theil eines abgezogenen
Gradirfasses unthätig, wenn er mit Spänen gefüllt, aber noch
mit der zurückgelassenen Flüssigkeit bedeckt ist, denn die Späne
haben ja nur den Zweck, das Essiggut, welches den Spänen an
haftet, mit der atmosphärischen Luft mit der möglich grössten
Oberfläche in Berührung zu bringen, und dies findet nicht Statt,
wenn die Späne (Weinkämme, Holzkohlen) mit Flüssigkeit be
deckt sind.
Aus diesen Betrachtungen, deren Richtigkeit in der Erfah
rung ihre Bestätigung findet, ergeben sich mehrfache Verbesse
rungen des Gradirverfahrens bei der Essigerzeugung, die im
Folgenden angezeigt werden sollen, und zwar:
1. bezüglich der Menge, in welcher das Essiggut
jedesmal aus den Gradirfässern abgezogen werden
soll.
Dies soll immer so weit geschehen, als die Späne reichen
demnach bis knapp unter die Späne oder bis zu dem Siebboden,
auf welchem die Späue aufliegen.
Dagegen kann der Raum unter den Spänen oder unter dem
Siebboden etwas höher belassen werden, damit darin mehr von
dem säuernden Essiggute als saures Ferment verbleibe, was be
sonders im Anfänge der Ingangsetzung eines Gradirfasses von
Wichtigkeit ist.
2. In Beziehung auf die Zeit, in welcher das Ab
ziehen des Essiggutes aus dem gefüllten Gradirfass
zu geschehen hat.
Der Zeitpunct dieses Abziehens hängt nicht von einer be
stimmten Zeitdauer ab, durch welche das säuernde Essiggut in
dem damit vollgefüllten Gradirfass zu belassen ist, denn je kürzer
diese Zeitdauer, desto besser; er ist vielmehr abhängig von dem
Umstande, wann die Essigbildung an der Oberfläche der Späne
in dem entleerten Gradirfass vor sich gegangen ist, was man an
der Zunahme der Temperatur in demselben beobachtet uud er
kennt. Ist diese auf circa 25° R. gestiegen, so muss zum Ueber-
tragen des Essiggutes in dieses entleerte Gradirfass geschritten
werden.
Da es jedoch längere Zeit braucht, bis das entleerte Gradir
fass wieder zu arbeiten beginnt und sich erwärmt, würde das
Essiggut in dem vollen Gradirfass zu lange Zeit stehen bleiben