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Sollten zufälligerweise stärkere Essige Vorkommen, so kann
ohne Veränderung des Instruments dennoch mit demselben die
Prüfung vorgenommen werden, wenn man vorher
а) entweder den zu prüfenden Essig mit seinem gleichen
Gewichte Wasser vermischt und dann erst prüft, oder
б ) eine Probeflüssigkeit von doppelt so grossem Ammoniak
gehalt anwendet.
Es versteht sich wohl von selbst, dass in beiden Fällen die
erhaltene Anzeige des Acetimeters mit 2 multiplicirt werden
muss, um den wahren Essigsäuregehalt des geprüften Essigs zu
erfahren. Bei der Prüfung schwacher Essige hingegen kann
man die Probeflüssigkeit mit dem gleichen Gewichte Wasser
verdünnen, wo dann zwei Raumtheile derselben 1 pCt. Essig
säure im Essig entsprechen und man den Gehalt desselben bis
auf Vs, ersten Falle nur auf V 4 oder '/* pCt. genau bestim
men kann.
Dieses Verfahren unterscheidet sich von dem von Berze
lius angegebenen dadurch, dass Otto das Ammoniak in den
Essig bringt und aus der Menge der aufgewendeten ammonia-
kalischen Probeflüssigkeit den Gehalt an Essigsäure bestimmt,
während Berzelius den Essig in das Ammoniak bringt und
aus der Menge des zur Neutralisirung einer bestimmten Menge
flüssigen Ammoniaks von bekanntem Ammoniakgehalte erforder
lichen Essigs auf seinen Säuregehalt schliesst. Beiderlei Proben
trifft kein sehr erheblicher Vorwurf; jene von Otto ist dem
ausübenden Gerwerbsmanne verständlicher, weil sie in specieller
Anwendung auf ein bestimmtes Maass und Gewicht den Gehalt
an Essigsäure unmittelbar in Procenten anzeigt. Der Einfluss,
welchen die erforderliche Veränderung der Lackmusfarbe beim
Neutralismen ausübt, welche eigentlich in beiden Fällen eine
Uebersättigung erfordert, wurde schon zur Sprache gebracht,
und das Abmessen des zu prüfenden Essigs statt des Abwägens
bedingt noch eine andere kleine Differenz, welche nach der
specifischen Schwere des Essigs variirt, indem der Raum, wel
chen 100 Decigrammen Wasser einnehmen, von 101 bis 103
Decigrammen Essig erfüllt wird. Die erhaltenen Resultate sind
deshalb zwar nicht absolut genau, doch annähernd richtig, und
da beide Einflüsse das Prüfungsresultat höher stellen, dieses
immer etwas zu gross, weshalb man, um beide Fehler auszu-