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— Die Libration. —
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im Gegensätze dazu auch wirkliche oder physische Librationen zu
besprechen haben werden
Wj\i 340: a. Infolge der wechselnden Geschwindigkeit in der Bahn wird
offenbar die Winkelbewegung « bald etwas grösser, bald etwas kleiner als
die der mittlern Geschwindigkeit entsprechende Ro
tationsbewegung «' sein, also wird der Punkt a, wel
cher bei einer ersten Stellung des Mondes seine Mitte
bildete, bei einer zweiten Stellung bald in a', bald in
a" erscheinen, so dass am rechten oder linken Rande
des Mondes Stellen sichtbar werden, die man früher
nicht sah, gerade wie wenn der Mond etwas schwanken
würde. Ausser dieser sog. Libration in Länge bewirkt
die erwähnte Stellung der Mondaxe, wie aus der zweiten
Figur hervorgeht, auch eine Libration in Breite, und dass die Veränderung der
Stellung des Beobachters ebenfalls eine Libration, die sog. parallaktische, zur
Folge haben muss, ist wohl selbstverständlich. — b. Aus einem 1G37 II 20
von Galilei an Antonini geschriebenen Briefe geht hervor, dass ersterer schon
frühe auf die Libration aufmerksam wurde, und auch Langren und Hevel
studierten dieselbe, sowie etwas später Newton (vgl. Princ. ed. 1087, p. 421).
Ferner beschäftigten sich die Cassini eifrig mit dem Monde (vgl. „Jacques
Cassini, De la libration apparente de la lune“ in Mem. Par. 1721, und pag. 255
bis 271 seiner Elemente), und abstrahierten aus ihren Messungen unter anderm
das nach ihnen benannte Gesetz: „Die Neigung des Mondequators gegen die
Ekliptik ist konstant, und sein aufsteigender Knoten in derselben fällt mit
dem niedersteigenden Knoten der Mondbahn zusammen“. Auch Gottfried
Heinsius (Naumburg 1709 — Leipzig 1769; Prof, rnath. et astron. Petersburg
und Leipzig) verdankt man eine bemerkenswerte Abhandlung „De apparentia
mquatoris lunaris in disco Lunse. Lipsise 1745 in 4.“; aber unsere gegen
wärtige Theorie der Libration wurde doch erst durch die Untersuchung be
gründet, welche Tob. Mayer in seiner bereits (235: c) erwähnten Abhandlung
von 1748 anstellte, auf welche wir nun im Detail eintreten wollen: Sie ent
hält zunächst eine von Mayer ausgedachte und sehr bemerkenswerte Methode,
um aus wiederholten Positionsbestimmungen eines Fleckens (des etwas nord
westlich von der Mitte liegenden Manilius) die Lage des Mondequators zu be
stimmen. Bezeichnet nämlich A den Pol der durch den Mondmittelpunkt zur
Ekliptik gelegten Parallelebene, P dagegen den von ihm um « abstehenden
Pol des Mondequators, M den ausgewählten Flecken, ß dessen Breite, li seine
Ekliptikpoldistanz, g seine Länge, k die Länge des aufsteigenden Knotens der
Mondbahn, und k -f 0 endlich (wo 0 nach dem
Cassini’schen Gesetze eine kleine Grösse ist) die
Länge des absteigenden Knotens des Mondequa
tors, so hat man, da <p = 90 0 — (g — k — 0) ist,
aus Dreieck AMP
Si ß = Co « • Co h -f- Si u • Si h • Si (g — k — 6) 1
woraus durch Differentiation nach h und g
d h Si a • Si h • Co (g — k — 0)
d g Co u • Si h — Si« • Co h • Si (g — k — 0)
folgt, so dass h ein Max. oder Min. wird, wenn
Co (g — k — 0) = 0 oder Si (g — k — 0) = + 1 ist.