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— Die Erde und ihr Mond. —
Man kennt alsdann in dem Dreiecke zwischen dem Frühlingspunkte und den
absteigenden Knoten des Mondequators in Ekliptik und Erdequator eine Seite
und die anliegenden Winkel und kann daher,
z. B. mit Hilfe der Gauss’schen Formeln, die
drei übrigen Elemente berechnen, nämlich: i'
oder die Neigung des Mondequators gegen den
Erdequator, A = £5eq — t5ek oder die Distanz
der beiden Knoten, und 180° — ß' = ^eq — V,
wo ß' die At des Mondequatorknotens bezeich
net. Kennt man ferner aus den Tafeln die
Equatorcoordinaten «' und J' der scheinbaren
Mondmitte M, lind damit auch den Winkel
A = 90» - [ u i_ (ß- + l 80 o)] = 270° + ß' —
sowie die ihn einschliessenden Seiten AB = i‘
und AC = 90°— J' des Dreieckes ABC, so
kann man, z. B. wieder mit Hilfe der sog. Gauss’schen Formeln, auch B, C
und BC berechnen. Letztere giebt ohne weiteres die Libration V in Breite,
und mit Hilfe von B erhält man, da, wenn L die im Mondequator gemessene
Distanz des Punktes M vom aufsteigenden Knoten in der Ekliptik bezeichnet,
L — B + 90° + A = 180° sein muss, L = B —A-f 90°. Um endlich noch die
Libration 1' in Länge bestimmen zu können, bat man allgemein als ersten
Meridian denjenigen angenommen, „der durch den mittlern Ort des Mondes
geht, welcher also, wenn der Mond sich in einem Kreise mit stets gleicher
Geschwindigkeit um die Erde als Centrum bewegen würde, und seine Ro-
tationsaxe auf seiner Bahn senkrecht stünde, die sichtbare Mondscheibe immer
genau in zwei gleiche Teile teilen würde“, oder dessen im Mondequator ge
messene Distanz vom aufsteigenden Knoten in der Ekliptik L' = 1 — ß ist,
wo 1 die mittlere Länge des Mondes bezeichnet: Es ist also 1' = L — L'.
*¿41. Die Ebbe und Flllt. — Der Einfluss der Erde auf
den Mond ist wohl nie bezweifelt worden, und die Rückwirkung
des letztem auf die Erde liegt wenigstens der neuern Zeit in dem
höchst auffälligen Vorgänge der sog. Ebbe und Flut fast noch klarer
vor Augen: Denkt man sich die Erdkugel von einer konzentrischen
Wasserschichte umgeben, so wird letztere infolge der Anziehung
des Mondes, welche auf den Punkt, in dessen Scheitel der Mond
steht, grösser ist als auf den Mittelpunkt, auf letztem aber grösser
als auf den Gegenpunkt, die Form eines Sphäroides anzunehmen
suchen, dessen grosse Axe durch den Mond geht ", — jedoch wegen
der Rotation der Erde nie zur Ruhe kommen, sondern in Gestalt
einer breiten Welle dem Monde in seiner täglichen Bewegung von
Ost nach West zu folgen scheinen und dadurch an jedem Orte
während einem Mondtage zweimal Flut und zweimal Ebbe ver
anlassen. Diese Bewegungen erleiden jedoch nicht nur durch eine
analoge, wenn auch etwas schwächere Differential Wirkung der Sonne ft ,
sondern namentlich auch durch die Veränderungen der Deklinationen
und Entfernungen der beiden Gestirne, durch den Wechsel ihres