163 — Die sog. Weltgegenden und einige andere Erläuterungen. — 389
gegenden (plagte raundi) betrachteten Teilpunkten, entsprechen zwei
offenbar genau den Mittags- und Mitternachtspunkten, während die
zwei übrigen nur durchschnittlich mit Morgen und Abend zusammen
fallen, und sie werden als Süd (S) und Nord (N), Ost (E = Est)
und West (W = Ouest) bezeichnet". — Um andere Punkte des
Horizontes festzulegen, gaben die Griechen und Römer meist ihre
Distanz von Ost oder West als Morgenweite (amplitudo ortiva) oder
Abendweite (amplitudo occidua), während die Araber vorzogen, sie
einheitlich durch ihre, im Sinne der täglichen Bewegung gezählte
Distanz vom Südpunkte, d. h. durch ihr Azimut, zu bestimmen. Die
neuern Astronomen sind dem arabischen Gebrauche treu geblieben 6 ,
während die Seefahrer und Meteorologen gewohnt sind, jeden der
vier Quadranten noch weiter in 8 Teile zu zerlegen, wodurch die
von ihnen zur Angabe von Schifflauf und Windrichtung benutzte
sog. Windrose entsteht c .
Zu 164: a. Früher bezeichnete 0 bei den Deutschen Ost, bei den Fran
zosen West, was viele Irrtümer veranlasste. — b. Nur ausnahmsweise be
zeichnen sie die Lage eines Punktes im Horizonte dadurch, dass sie angeben,
zwischen welchen zwei Kardinalpunkten sich derselbe befindet, und um wie
viele Grade er von dem ersten derselben gegen den zweiten hin abliegt. —
c. Die 32 Teilpunkte werden durch: S, S gen W, SSW, SW gen S, SW,
SW gen W, WSW, W gen S, S, etc., bezeichnet.
1154. Der Gnomon und die sog. indischen Kreise. —
Wohl als ältestes, weit in die vorhistorische Zeit hinaufreichendes
Instrument, ist der schon im Eingänge zum ersten Buche erwähnte
schattenwerfende Stab zu betrachten, und es unterliegt kaum einem
Zweifel, dass bereits die alten Egypter zur Orientierung ihrer Pyra
miden Vor- und Nachmittags gleich lange Schatten aufsuchten, um
durch Halbierung ihres Winkels die Mittagslinie zu erhalten, welche
ihnen dann überdies für die Folge, in Verbindung mit dem Stabe,
als Mittagszeiger oder Gnomon diente a . Auch die Chinesen und
Inder bestimmten die Mittagslinie in solcher Weise, und letztere
suchten sich das Auffinden gleicher Schatten dadurch zu erleichtern,
dass sie zum voraus aus dem Fusspunkte des Stabes eine Anzahl
konzentrischer Kreise beschrieben, — ein Verfahren, welches unter
dem Namen der indischen Kreise auch auf andere Völker überging,
ja noch im Abendlande beliebt war b . Die Senkrechte, welche im
Fusspunkte auf die Mittagslinie gezogen wurde, ergab die Linie
Ost-West oder die sog. Equinoktiallinie, und lief (162) notwendig
der Verbindungslinie von x\uf- und Untergangspunkt parallel 0 .
Zu 164: a. Um die Genauigkeit der Bestimmungen am Gnomone zu ver
mehren, wurde einerseits dessen Höhe vergrössert, und so mass z. B. der
Obelisk, welcher zur Zeit von Augustus auf dem Marsfelde zu Born als Mittags